Für einen Tag besucht der Bundespräsident Kabul. Hier wurde ihm der Sonnenorden verliehen - die höchste Auszeichnung des Landes.

Kabul. Beinahe wäre Joachim Gaucks erster Besuch in Kabul schon im Anflug gescheitert, denn Nebel und Schneeglätte legten den Flughafen der afghanischen Hauptstadt lahm. Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt mussten am Dienstag in der ziemlich unbequemen Transall-Maschine ein paar Extrarunden drehen, bis dann doch noch die Landung freigegeben wurde.

Die schusssichere Weste, die Mitglieder der deutschen Delegation auf dem Flug von Masar-i-Scharif nach Kabul tragen mussten, war unter Gaucks Anzug nicht zu erkennen. Den eigentlich obligatorischen Helm trug er nicht, dafür eine Aktentasche in der Hand.

Ein betont ziviler Auftritt in Kabul sollte es werden, auch die Geschenke für Karsais Kinder deuteten in diese Richtung. Ein Teddybär für die jüngste, noch nicht ein Jahr alte Tochter, ein Playmobil-Bausatz für den älteren Sohn, der vor einem Jahr von Gaucks Vorgänger Christian Wulff noch mit einem Fahrrad beschenkt worden war. Wären nicht die immer noch dramatischen Sicherheitsvorkehrungen - erst am Vortag hatte es einen schweren Anschlag in Kabul gegeben -, der Besuch könnte fast so etwas wie Normalität demonstrieren. "Wir glauben, dass ein dauerhafter Frieden möglich ist", sagt Gauck nach dem Treffen mit Karsai. Und natürlich sicherte er weitere Unterstützung aus Deutschland zu. Auch mit dem Ende des militärischen Engagements nach 2014 werden deutsche Ausbilder in Afghanistan bleiben, und die Unterstützung des Aufbaus wird schon jetzt mit stattlichen 430 Millionen Euro pro Jahr finanziert.

Ein bisschen stolz ist Gauck auf die Verleihung des Sonnenordens, der höchsten Auszeichnung Afghanistans, mit der Karsai den Gast aus Deutschland ehrt. Und überall hört die Delegation, dass deutsche Soldaten und Helfer beliebt seien im Land, beliebter jedenfalls als andere. Da darf Gauck auch das eine oder andere offene Wort riskieren. Im offiziellen Gespräch ist die allgegenwärtige Korruption kein Thema, aber informell soll darüber sehr wohl gesprochen worden sein, deutet Gauck an.

Ganz in seinem Element ist der Bundespräsident dann bei einem Treffen mit der Ulema, der Versammlung der muslimischen Religionsgelehrten. Unter den bärtigen Männern in traditioneller Kluft sind einige Parlamentsabgeordnete, Berater Karsais, wichtige Größen des Landes. Der evangelische Pastor Gauck nimmt sich viel Zeit für die Begegnung. "Wenn sich religiöse Autoritäten einbringen bei der Gestaltung einer neuen Gesellschaft, finde ich das sehr wichtig", sagt er.

Und schon geht es wieder zurück nach Masar-i-Scharif. Dass auf der Strecke immer noch nicht der zivile Regierungsflieger zum Einsatz kommt, sagt auch etwas über den Stand des Friedensprozesses. Denn der Militärtransporter verfügt über ein Raketenablenksystem. Immer noch notwendig, anscheinend. Aber alles bleibt ruhig, und Gauck genießt mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt den Blick vom Cockpit auf die schneebedeckten Berge des Hindukuschs.