Vladimir Franz zieht als Außenseiter in den Wahlkampf

Prag. Vladimir Franz ist der exzentrischste Kandidat im Rennen um das tschechische Präsidentenamt. Der Ganzkörpertätowierte lässt die lange Reihe der Ex-Berufspolitiker, die um das höchste Amt kämpfen, blass erscheinen. Franz, 53, ist bildender Künstler und Komponist. Zu mehr als 120 Theaterstücken hat er nach Angaben des Prager Nationaltheaters die szenische Musik geschrieben. Franz lehrt als Professor an der Prager Theaterhochschule DAMU. Er kann zudem einen Jura-Doktortitel vorweisen. Doch wären die Tschechen tolerant genug, sich von einem Mann repräsentieren zu lassen, dessen Körper zu 90 Prozent tätowiert ist? Am 11. und 12. Januar werden sie erstmals direkt über ihren Präsidenten abstimmen.

"Wer hätte sich in den 1960er-Jahren in Alabama oder Mississippi träumen lassen, dass einmal ein Afroamerikaner Präsident wird", kontert Franz. "Und was werden erst die Katholiken sagen, wenn das Konklave dereinst einen Südafrikaner oder einen Amazonas-Bewohner zum Papst wählt!"

Dann wird der Künstler grundsätzlich. Toleranz gelte allgemein als Voraussetzung für Demokratie und Freiheit. "Es ist mein Weg und mein Wille", sagt er über seine Tätowierung. "Die Rechte und Freiheiten anderer Menschen werden davon nicht berührt."

Franz präsentiert seinen Gegenentwurf zum politischen Establishment. Das Staatsoberhaupt dürfe nicht vergessen, welche Sorgen die Menschen bedrücken. Statt den Staat zu verwalten, kümmerten sich viele Politiker lieber um ihr eigenes Auskommen. Das Land befinde sich in einer moralischen Krise. Wenig übrig hat Franz für Amtsinhaber Vaclav Klaus, einen scharfen Kritiker der europäischen Einigung und Verteidiger nationaler Interessen. "Wir sind Mitglied der Europäischen Union, und mit Deutschland verbindet uns eine mehr als tausendjährige Geschichte", sagt Franz. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum Tschechien sich nun "wie ein Lausbub in der Schule" verhalten solle.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Stem kam Franz nur auf 4,5 Prozent der Stimmen. Nach dem Ausscheiden des in Tokio geborenen Unternehmers Tomio Okamura wegen formaler Fehler scheint aber ein Achtungserfolg nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht von Beobachtern wird die Fernsehdebatte am Tag vor der Wahl entscheidend sein. Franz will dabei sein, obwohl zeitgleich seine Opernadaption des Karel-Capek-Romans "Der Krieg mit den Molchen" an der Prager Staatsoper Premiere feiert. "Ich muss mich zwischen der Erfüllung eines persönlichen Traums und dem Dienst für den Bürger entscheiden", sagt er. Und räumt ein, dass die klar bessere Unterhaltung im Theater geboten werde.