“Ohrfeigen aus Berlin“: Steuerabkommen gescheitert, Streit um Fluglärm geht weiter

Zürich. Es kamen zwei deutsche Minister. Der eine wollte das Problem mit dem Schwarzgeld regeln, der andere das mit dem Fluglärm. Man verhandelte mit deutsch-schweizerischer Gründlichkeit. Schließlich wurde unterschrieben. Kurz darauf waren die Verträge Makulatur. "Wieder Ärger mit den Deutschen", schimpft die Zeitung "Blick". Dachüberschrift: "Nach dem Nein zum Steuerabkommen die nächste Ohrfeige aus Berlin".

Das Blatt spricht dem Volk aus der Seele. Jedenfalls legen das die weitaus meisten Online-Leserkommentare zum Abkommenstreit nahe. "Es ist eine Frechheit, wie die Deutschen mit der Schweiz umgehen!", kritisiert zum Beispiel eine Karin Furter. "Die Schweiz ist ein souveränes Land und hat es nicht nötig, sich von den Deutschen ewig schikanieren zu lassen!"

Viel gelassener geben sich die Schweizer Regierung, die Interessenverbände und erst recht die Banker. Letztere scheinen sich damit abgefunden zu haben, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Abkommen zur Besteuerung der Vermögen deutscher Kunden bei Schweizer Banken nicht mehr retten kann. Es sei im Bundesrat ja nicht aus sachlichen, sondern "aus rein innenpolitischen Gründen" gescheitert, erklärt die Schweizerische Bankiervereinigung.

"Den Schaden hat in erster Linie Deutschland", sagt ein Zürcher Finanzexperte. "Rot-Grün will 2013 mit einem Gerechtigkeitswahlkampf Frau Merkel ablösen und nimmt dafür in Kauf, dass Deutschland Milliarden aus der Schweiz entgehen." Schweizer Banken warteten nun nicht mehr ab, ob es doch noch ein Steuerabkommen gebe. Sie drängten deutsche Schwarzgeldkunden jetzt zur Selbstanzeige. Andernfalls werde demnächst die Geschäftsbeziehung mit ihnen gelöst. Das entspräche der "Weißgeldstrategie", die Bern 2009 verkündete. Dumm für Deutschland: Selbstanzeigen bringen weniger Geld in die Kasse. Nach deutschem Recht werden dann zehn bis 15 Prozent des Vermögens fällig. Mit dem Steuerabkommen hätten die Banken zwischen 21 und 41 Prozent überweisen müssen. Auch beim Fluglärm könnte sich Deutschland ins eigene Fleisch schneiden. Tritt Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) allzu forsch gegenüber der Schweiz auf, würden Flughafengegner in Frankfurt, München und Berlin Auftrieb bekommen. Sie halten Ramsauer vor, den vom Zürcher Fluglärm betroffenen Baden-Württembergern entgegenzukommen, aber wenig Verständnis für ihre Anliegen aufzubringen.