Nach der Einnahme der Stadt Goma rücken die Rebellen im Kongo weiter vor. Kaum Widerstand. Die Armee gibt offenbar kampflos Orte auf.

Genf/Goma. Die Rebellen im Osten des Kongo haben der Regierung von Präsident Joseph Kabila am Mittwoch den Kampf angesagt. Die „Bewegung des 23. März“ (M23) kündigte an, in die 3.000 Kilometer entfernte Hauptstadt Kinshasa zu marschieren. Augenzeugen berichteten über den Kurznachrichtendienst Twitter vom Vormarsch der Rebellen entlang des Kivu-Sees nach Süden. Dörfer an der Hauptstraße in Richtung Bukavu seien kampflos eingenommen worden.

Kabila befand sich am Mittwoch zu Krisengesprächen in Ugandas Hauptstadt Kampala. An ihnen nahm auch Ruandas Präsident Paul Kagame teil, dem die Unterstützung der Rebellen der M23 vorgeworfen wird. Seit Beginn der Kämpfe im April sind im Osten Kongos Schätzungen zufolge rund 500.000 Menschen vertrieben worden.

Der Uno-Sicherheitsrat hatte in der Nacht den Einmarsch der Rebellen in der Provinzhauptstadt Goma scharf verurteilt. In einer Resolution drohte das oberste Uno-Gremium weitere Sanktionen gegen die M23-Anführer an. Nach Uno-Informationen sollen die Rebellen in Goma Frauen und Kinder verschleppt haben. Zudem gab es Berichte über Erschießungen und Plünderungen.

Im Stadion von Goma sagte ein Sprecher der Rebellen vor Hunderten Zuhörern, die Reise zur Befreiung Kongos habe begonnen. „Erst nehmen wir Bukavu ein und dann marschieren wir nach Kinshasa – seid Ihr bereit, Euch uns anzuschließen?“ Bukavu ist die Provinzhauptstadt der Nachbarprovinz Süd-Kivu und neben Goma eine der bedeutendsten Städte im Osten Kongos. Beide liegen an der ruandischen Grenze. Die Stadt Sake westlich von Goma fiel bereits in die Hände der Aufständischen, die Richtung Bukavu zogen.

Unklar blieb zunächst die Rolle der kongolesischen Armee, die Goma am Dienstag weitgehend kampflos aufgegeben hatte. Auch beim Vormarsch der Rebellen in Richtung Bukavu wurden keine Zusammenstöße gemeldet. Kongolesische Journalisten berichteten von Putschgerüchten in Kinshasa.

Zugleich wuchs die Kritik gegen die Blauhelm-Soldaten der Uno-Mission im Kongo, die dem Einmarsch der Rebellen in Goma untätig zugesehen hatten. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius nannte es absurd, dass die Truppen nicht eingegriffen. Eine UN-Sprecherin verteidigte das Vorgehen als Teil einer Deeskalationsstrategie. In Goma sind gut 1.500 der insgesamt 19.000 uniformierten Uno-Kräfte im Kongo stationiert.

Die Organisation M23 setzt sich vorwiegend aus ehemaligen Kämpfern der zuletzt von Laurent Nkunda angeführten Miliz CNDP zusammen, die zeitweise in die kongolesische Armee integriert worden waren. Sie fordern unter anderem mehr Rechte für die Tutsi-Minderheit im Osten Kongos. Mutmaßlicher Anführer der M23 ist Bosco Ntaganda, der vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen gesucht wird.

Nach Uno-Schätzungen sind mindestens 100.000 Menschen vor den jüngsten Kämpfen geflohen. Viele kehrten jedoch am Mittwoch aus dem benachbarten Ruanda nach Goma zurück, nachdem ein befürchtetes Blutbad ausgeblieben war. Hilfsorganisationen setzten ihre Arbeit fort.