Als erster Bundesstaat steigt Kalifornien in den Emissionshandel für Treibhausgase ein. Firmen befürchten Nachteile im Wettbewerb.

San Francisco. Kalifornien wird zum amerikanischen Vorreiter: Im Kampf gegen die Klimaerwärmung will der US-Bundesstaat am Mittwoch erstmals Emissionszertifikate versteigern. Damit tritt das zweitgrößte Emissionshandelssystem der Welt nach dem der Europäischen Union (EU) in Kraft. Beim Emissionshandel erkaufen sich Unternehmen das Recht, eine bestimmte Menge des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre zu blasen. Bis 2020 will Kalifornien den Ausstoß von CO2 und anderen Klimakillern um 17 Prozent reduzieren. Kritiker befürchten, die zusätzlichen Kosten könnten Unternehmen aus Kalifornien vertreiben.

Der CO2-Emissionshandel ist Teil eines schon 2006 beschlossenen Gesetzespakets zum Klimaschutz. Kalifornien ist der größte, reichste und produktivste US-Bundesstaat. Auf sich allein gestellt wäre der Staat die neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der ambitionierte Versuch, den Ausstoß von Treibhausgasen auf den Stand von 1990 zurückzuschrauben, wird deshalb landesweit teils mit Argwohn, teils mit Interesse beobachtet. Die verheerenden Auswirkungen des Wirbelsturms „Sandy“ an der Ostküste der USA haben das Thema Klimaschutz wieder in die Schlagzeilen gebracht: Viele Meteorologen meinen, dass die Klimaerwärmung schon jetzt zu vermehrten Wetterkapriolen führt.

Mit dem Gesetzespaket – bekannt unter dem Kürzel „AB 32“ – nimmt Kalifornien nicht zum ersten Mal eine Führungsrolle in Sachen Umweltschutz ein. Ein Sprecher der Behörde, die den Emissionshandel umsetzen soll, sieht darin sogar einen möglichen Bonus für die Wirtschaft des Staats. „Das wird die Entwicklung von sauberen Kraftstoffen und Technologien vorantreiben, und die Kosten werden sinken“, sagt Dave Clegern. „Kalifornische Unternehmen, die diese neuen Technologien entwickeln, werden weltführend sein.“

Der Karbonemissionshandel soll in Stufen eingeführt werden. Am Mittwoch geht es zunächst nur um die größten Verschmutzer wie Zementfabriken, Stahlwerke, Raffinerien und Elektrohersteller. 350 Unternehmen mit insgesamt etwa 600 Standorten müssen sich an der Versteigerung beteiligen. Sie bekommen Umsonst-Zertifikate für 90 Prozent ihrer aktuellen Treibhausgas-Emissionen. Was sie darüber hinaus brauchen, müssen sie am neuen staatlichen Emissionsmarkt kaufen. Senken sie den Schadstoffausstoß auf unter 90 Prozent, dürfen sie die dann überflüssigen Zertifikate selbst veräußern.

Als Mindestpreis für eine Tonne Treibhausgas hat Kalifornien zehn Dollar festgeschrieben. Bis Ende kommenden Jahres will der Staat so rund eine Milliarde Dollar für seinen klammen Staatshaushalt eintreiben. Doch viele der Großverschmutzer haben sich zu einem Interessenverband gegen den Emissionshandel zusammengeschlossen. Sie fürchten „schwere und zerstörerische Auswirkungen“ für die kalifornische Wirtschaft und höhere Preise für die Konsumenten. Viele Unternehmen könnten umziehen in Bundesstaaten mit weniger strengen Klimaschutzgesetzen, schrieben sie in einer Petition an Gouverneur Jerry Brown. Doch zunächst müssen sie sich am Mittwoch anstellen, um ausreichend Zertifikate für ihre Unternehmen zu ersteigern.