Am Ende verliert Mitt Romney die Wahl gegen Obama deutlicher als erwartet. Die Republikaner stehen wie schon 2008 vor einer schweren Krise

Washington/Hamburg. Am Ende hat es nicht gereicht. Nicht die Abermillionen Dollar, die Mitt Romney in seinen Wahlkampf pumpte, nicht die unzähligen Reden, nicht die zigfachen Positionswechsel. Aber zumindest gibt er sich als guter Verlierer, als Amerikas große Medienhäuser einhellig feststellen: Auch Romneys zweiter Anlauf in Richtung Weißes Haus ist gescheitert. Zwar kam er diesmal weiter als vor vier Jahren. Aber knapp daneben ist auch vorbei. Nun steht der republikanischen Partei bevor, was schon 2008 nach der krachenden Niederlage John McCains gegen Barack Obama folgte: der tiefe Blick nach innen - bis hin zur Selbstzerfleischung. Es werden keine einfachen Wochen. Auch nicht für Mitt Romney.

Seinen leisen, versöhnlichen Tönen zum vorläufigen Abschied von der politischen Bühne zollten indes selbst Gegner Respekt: "Unser Land ist an einem kritischen Punkt", rief der Verlierer seinen traurigen Anhängern zu. "Das ist nicht die Zeit für politisches Gezänk." Und er wolle beten, dass der Sieger im Amt ein glückliches Händchen hat.

Seit jeher fragten sich die Konservativen, vor allem die Rechtsaußen der Partei und die Evangelikalen, ob der millionenschwere Fondsmanager authentisch genug sei, um ihre Werte zu verkörpern. Der christlichen Basis war zudem sein mormonischer Glaube ein Dorn im Auge.

Von Anfang an war der frühere Gouverneur von Massachusetts der ungeliebte Kandidat, eher geduldet als gewünscht. Doch hatten die Republikaner schlicht kein besseres Personal, um es gegen Obama ins Rennen zu schicken.

Immer wieder stolperte Romney über Bemerkungen zu seinem Reichtum, die als überheblich empfunden wurden. Die internationale Gemeinschaft brachte er mit unsensiblen Kommentaren bei einer Auslandsreise auf. Er machte Front gegen eine Gesundheitsreform, die er in ihren Grundzügen als Gouverneur selbst mit entworfen hatte. Schnell haftete ihm das Image des Opportunisten an. Die Wende kam, als er den Präsidenten in der ersten Fernsehdebatte auf dem falschen Fuß erwischte, und plötzlich wirkte er wie einer, der tatsächlich einmal Präsident der Vereinigten Staaten werden könnte.

"Mitt Romneys Niederlage gegen einen Präsidenten der Demokraten, der durch eine schwache Wirtschaft angeschlagen ist, wird mit Sicherheit einen mörderischen Kampf um die Zukunft der Republikaner lostreten", schreibt die "New York Times". Die Partei sei dabei, zum fünften Mal in sechs Wahlen die Stimmenmehrheit zu verpassen. "Deshalb erwarten Republikaner jeder Richtung eine lange und möglicherweise auch entzweiende Zeit der Selbstbetrachtung."

Gut möglich, so schreibt die Zeitung weiter, dass die Konservativen ihre Fundamentalopposition gegen alles, was von Obama kommt, endlich aufgeben. Themen wie Sozialleistungen, Steuern und das Defizit werden in den kommenden Jahren wahrscheinlich die Auseinandersetzungen mit dem Kongress bestimmen. Obama kündigte an, er werde mit Romney in den kommenden Wochen ausloten, wie man das Land gemeinsam voranbringen könne. Doch der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, deutete bereits an, auch in der neuen Amtszeit auf konservative Prinzipien nicht zu verzichten.

Ursache der schmerzhaften neuerlichen Niederlage scheint aber auch, dass die Konservativen schlicht falsch einschätzten, wer am Ende an die Urnen geht und abstimmt. Und auch viele Frauen konnten mit der Grand Old Party wenig anfangen. Denn wie sich herausstellte, zog es Jüngere und Mitglieder von Minderheiten in etwa genauso starkem Maße zu der Abstimmung vom Dienstag wie bei der historischen Wahl vor vier Jahren. Die Republikaner hatten dagegen darauf gesetzt, dass der aus ihrer Sicht festzustellende wirtschaftliche Niedergang des Landes vor allem ältere Weiße in die Wahlkabinen treibe. "Schwarze und Hispanics haben überwältigend für den Präsidenten gestimmt", sagt John Stinemann, Stratege der Republikaner in Iowa. "Da gibt es eine Lücke, auf die die Republikaner sehr genau achten müssen."

Die "Washington Post" stimmt zu - und rät dringend zur Neuorientierung: "Sie müssen sich anhören, was die Wähler ihnen sagen und wer die Wähler im 21. Jahrhundert sind - sie bestehen aus weniger Verheirateten, sind weltlicher und multikulturell."