Kritiker sehen in der Verfassungsänderung einen Schlag gegen die Opposition

Budapest. Wer in Ungarn künftig wählen will, muss sich vor dem nächsten Urnengang registrieren lassen. Dies sieht eine Verfassungsänderung vor, die das ungarische Parlament mit den Stimmen des regierenden rechtskonservativen Bundes Junger Demokraten (Fidesz) beschloss. Kritiker sehen darin einen Versuch, die Macht der Fidez zu festigen. Die Wähler können sich entweder persönlich beim Gemeindeamt registrieren lassen oder - wenn sie über eine entsprechende elektronische Signatur verfügen - über das Internetportal der Regierung. Nur im Ausland lebende Ungarn können dies auch brieflich tun. Die Registrierung muss bis zu zwei Wochen vor der nächsten Parlamentswahl erfolgen. Eine Registrierung gilt für vier Jahre und umfasst auch die in diese Zeit fallenden Gemeinde-, Regional- und Europawahlen. Nach der Verfassungsänderung soll das Parlament dazu in den nächsten Wochen ein entsprechendes Gesetz beschließen.

Die von Ministerpräsident Viktor Orban vehement vertretene Idee der Wählerregistrierung ist in Ungarn höchst umstritten. Oppositionelle, aber auch unabhängige Experten meinen, dass damit bildungsferne und sozial benachteiligte Schichten von Wahlen ausgeschlossen werden sollen. Außerdem werfen sie der Regierung vor, Wahlbetrug zu ermöglichen. "Da mit der Wählerregistrierung zugleich das zentrale Melderegister abgeschafft wird, eröffnen sich Betrugsmöglichkeiten in breitem Maßstab, denn Mehrfachabstimmungen können kaum noch kontrolliert werden", sagte der LMP-Politiker Gergely Karácsony. Länder mit Registraturpflicht für Wähler wie Großbritannien oder die USA besäßen kein zentrales Melderegister. Dies existiert in Ungarn jedoch bislang.

Dass die neue Regelung zunächst in der Verfassung verankert wurde, deutet darauf hin, dass die gesetzliche Regelung allein wahrscheinlich vom Verfassungsgericht gekippt worden wäre. Orbans Fidesz verfügt seit dem Regierungswechsel 2010 im Parlament über eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit. Bereits zum Jahreswechsel hatte die Regierung eine Wahlrechtsreform beschlossen, mit der das Parlament verkleinert und die Wahlkreise neu zugeschnitten worden waren. Die neuen Wahlkreise wurden so zugeschnitten, dass in linken Hochburgen Mandate schwerer zu erringen sind als in konservativen.

Der Chef der Fidesz-Parlamentsfraktion, Antal Rogan, sagte, die Registrierung sei vor allem wegen der wahlberechtigten Auslandsungarn notwendig, da es über sie keine Meldedaten in Ungarn gebe. Die im Ausland lebenden Ungarn, darunter die rund drei Millionen Angehörigen der ungarischen Minderheiten in Rumänien, Serbien, der Slowakei und der Ukraine, besitzen seit 2010 das Listenwahlrecht. Rogan wies Kritik an der Verfassungsänderung zurück. Auch in den USA, die seit Jahrhunderten eine Demokratie seien, müssten sich Wähler registrieren lassen.