80.000 Menschen begleiteten die Zeremonie auf dem Petersplatz in Rom, bei der Papst Benedikt XVI. auch eine Indianerin heiligspricht.

Vatikan. Es ist kaum richtig hell in Rom, da wartet fahnenschwenkend und singend eine Gruppe junger Filipinos darauf, von den Sicherheitskräften auf den Petersplatz gelassen zu werden. Bereits im Morgengrauen sind sie aufgebrochen, um gute Plätze zu ergattern – von Müdigkeit keine Spur. Gemeinsam mit Tausenden anderen Pilgern unterschiedlicher Nationen bilden sie eine Menschenschlange, die sich um den gesamten Säulengang zieht. Ihr Ziel: Die Heiligsprechung von sieben Seligen durch Papst Benedikt XVI., darunter Pedro Calungsod von den Philippinen, die bayrische Mystikerin Anna Schäffer und Kateri Tekakwitha, eine nordamerikanische Indianerin.

Neben den Filipinos, die durch ihre frühmorgendliche gute Laune auffallen, sind auch viele Deutsche gekommen. Sie wollen dabeisein, wenn „ihre Selige“ vom Papst in den Kreis der Heiligen aufgenommen wird. Allein aus dem Bistum Regensburg sind mehr als 2.000 Pilger gekommen. Dort, in Mindelstetten im Landkreis Eichstätt, hat Schäffer gelebt. Und von dort stammen auch Katharina Fuchs und ihre Tochter Regina. Gemeinsam mit einer Gruppe anderer Regensburger sind sie nach Rom gereist. Mit Anna Schäffer verbindet sie vieles. „Meine Schwiegermutter hat Anna Schäffer noch gekannt und viel von ihr erzählt“, berichtet Katharina Fuchs. „Ihr tiefer Glaube, mit dem sie andere gestärkt hat, obwohl es ihr selbst schlecht ging, beeindruckt mich.“

Nach einer Stunde Wartezeit sind die Absperrungen offen, im Schneckentempo bewegt sich die bunte Pilgerschar auf den Petersplatz zu. Manch einem geht es noch immer zu langsam. „Joa mei, nun laufts zu, sonst soan alle guatn Plätze weg“, drängelt eine Frau mit Regensburger Pilgerschal und Trachtenbluse. Gelassener geht eine Gruppe spanischer Jugendlicher die Sache an. Klar seien sie wegen der Heiligsprechung der Spanierin Maria del Monte Carmelo da, erzählt der 17-jährige Alvaro. Leben und Werk seiner Landsfrau? Alvaro zuckt mit den Schultern und schwenkt die spanische Flagge, die er sich um den Arm gewickelt hat.

Dann beginnt die Messe. Alle Pilger haben es auf den Platz geschafft, 80.000 sind es nach vatikanischen Angaben, die Menge steht dicht gedrängt. Schnell werden noch einige Erinnerungsfotos geschossen, im Hintergrund der Petersdom. Trotz des Trubels, der bunten Fahnen und Halstücher – einige Besucher wecken besondere Aufmerksamkeit. In traditionelle indianische Kleider gehüllt und mit Federkopfschmuck sind Pilger aus den USA und Kanada angereist, um die Heiligsprechung der Mohawk-Indianerin mitzuerleben.

Zu ihnen gehört William Voelker aus Oklahoma, sein indianischer Name: Wahathuweeka. Still steht er im hinteren Teil des Platzes, lässt das Geschehen auf sich wirken. In seinem weiten Umhang, der verzierten Hose, Ledermokassins und einer Pelzmütze zieht er Fotografen magisch an. Doch er nimmt sie nicht wahr. „Das ist ein großer Tag heute“, sagt er. Er ist als Vertreter seines Stammes, der Comanche Nation, angereist. 15.000 von ihnen leben in Amerika. „Das hier ist wichtig.“ Wahathuweeka hat Tränen in den Augen.

In seiner Predigt würdigt der Papst in verschiedenen Sprachen das Leben und Wirken der sieben Seligen, hebt ihre Bedeutung für die Gläubigen von heute hervor. Als Tekakwitha an der Reihe ist, brandet Applaus auf. Die erste heilige Indianerin, so der Papst, sei den Traditionen ihres Volkes treu geblieben, auch wenn sie dessen religiöse Überzeugungen abgelehnt habe.

Die Messe neigt sich dem Ende entgegen, die Sonne scheint heiß auf den Petersplatz, einige Pilger spannen Schirme auf, wickeln sich Tücher um den Kopf. Wahathuweeka steht kerzengrade, das Haupt mit der Pelzmütze stolz erhoben. „Unsere Geschichte, die Vergangenheit von Indianern und katholischer Kirche, war schwierig. Der heutige Tag hat etwas Heilendes“, sagt er und lächelt.