EU-Außenminister fordern effizientere Krisenstrategie und Flüchtlingshilfe. Bombenexplosionen und erbitterte Gefechte in Damaskus.

Damaskus/Paphos. Während Syrien von schweren Anschlägen und Kämpfen erschüttert wird, prescht Europa mit Initiativen zur Lösung des blutigen Konflikts voran. Zum Auftakt des zweitägigen EU-Außenministertreffens im zyprischen Paphos drangen Frankreich und Italien am Freitag auf eine baldige EU-Sondersitzung zu Syrien. Neben Rufen nach einer wirksamen Krisenstrategie wurde aber auch Unmut über die Untätigkeit des UN-Sicherheitsrats laut. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte Russland und China auf, ihre Blockadehaltung im mächtigsten UN-Gremium aufzugeben.

Truppen von Präsident Baschar Assad und Rebellenverbände lieferten sich unterdessen in südlichen Vororten der Hauptstadt erbitterte Gefechte. Aktivistengruppen zufolge kamen bei landesweiten Gewaltakten mindestens 60 Menschen ums Leben. Rotkreuz-Präsident Peter Maurer sprach nach seinem Besuch in ländlichen Gegenden rund um Damaskus von „schrecklichen Berichten über bewaffnete Angriffe“ örtlicher Bewohner.

Unterdessen riss ein Bombenanschlag in Damaskus laut staatlichen Medienberichten mindestens fünf Polizisten in den Tod. Die Detonation habe sich vor einer Moschee im nördlichen Stadtteil Rukneddine ereignet, als die Gläubigen nach dem Freitagsgebeten gerade das Gotteshaus verließen, hieß es im Staatsfernsehen. Rund zwei Stunden später sei im Viertel Masse zwischen dem Informations- und Verteidigungsministerium eine Autobombe explodiert. Verletzt wurde demnach niemand.

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Aktivisten berichteten derweil von heftigen Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen in zwei südlichen Damaszener Stadtteilen, darunter in Kasas, einem streng kontrollierten Wohngebiet von Beamten mehrerer syrischer Sicherheitsbehörden. Berichte über Todesopfer in Kasas lagen zunächst vor. Allerdings seien bei Kämpfen im Bezirk Tadamon mindestens vier Soldaten getötet worden, teilten die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und die Örtlichen Koordinationskomitees mit. Im Damaszener Vorort Deir al Asafir seien zudem die Leichen von 16 Männern entdeckt worden, hieß es weiter. Der Ort sei in den vergangenen Tagen Schauplatz einer Großoffensive des Regimes gewesen. Die Suche nach weiteren Leichen gehe weiter.

Die Örtlichen Koordinationskomitees berichteten überdies vom Beschuss eines palästinensischen Flüchtlingslagers durch syrische Regierungstruppen. Etliche Menschen seien getötet oder verwundet worden. Das syrische Staatsfernsehen bestätigte den Vorfall, sprach „jedoch von bewaffneten Terroristen“, die Raketen auf das Lager Jarmuk abgefeuert und mindestens zehn Menschen getötet hätten.

Die dramatische Lage in Syrien war derweil das Spitzenthema auf dem zweitägigen Treffen der EU-Außenminister im zyprischen Paphos. Zum Beginn der Sitzung wurde deutlich, dass die EU zwar mehr für die Flüchtlinge tun will, aber noch uneins ist über die Form der Unterstützung für die Rebellen. Die von Frankreich ins Gespräch gebrachten Waffenlieferungen lehnte Westerwelle ab. Es gehe weiter um eine „politische Lösung“.

Der britische Außenminister William Hague betonte, dass Waffenlieferung unter dem jetzigen Embargo illegal seien und sich die Unterstützung auf zivile Mittel und Schutzausrüstung beschränken solle. Auch der belgische Außenminister Didier Reynders zeigte sich skeptisch: „Es gibt schon etliche Waffen in der Region, man muss also zunächst mal festlegen, wen man damit beliefern will.“ Allerdings seien Waffenlieferungen dann denkbar, wenn sich eine einheitliche Opposition geformt habe.

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Große Einigkeit zeigten die Außenminister darin, mehr für die syrischen Flüchtlinge vor Ort tun zu wollen. Ihre eigenen Grenzen wollen sie aber nur im Notfall öffnen. „Man sollte nicht die Illusion haben, dass man jetzt Zehntausende Flüchtlinge irgendwie nach Europa transportieren und damit das Problem lösen könnte“, fasste der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn die Positionen zusammen.

Rotkreuz-Präsident Peter Maurer zog derweil nach einem Gespräch mit dem syrischen Präsidenten Baschar Assad in Damaskus eine positive Bilanz, bekam jedoch keine Zusagen. Die Bedürfnisse der Menschen vor Ort hätten im Zentrum der Diskussionen gestanden, sagte der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Er habe auch ländliche Gebiete um die Hauptstadt besucht und habe keinen Zweifel daran, dass sich das Land in einem Bürgerkrieg befinde.

Die Menschen hätten ihm von furchtbaren bewaffneten Angriffen berichtet, die ihn schockiert hätten, erklärte Maurer. „Alle Anzeichen eines bewaffneten Konflikts werden vor unseren Augen offengelegt.“

In Syrien seien die Menschen dringend auf Hilfe angewiesen. „Die Bedürfnisse wachsen, während die Gewalt sich ausweitet“, sagte Maurer weiter. „Viele Männer, Frauen und Kinder, die gerettet werden könnten, sterben jeden Tag, weil sie keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben.“