Republikaner findet nicht den richtigen Ton. Parteifreunde kritisieren aggressiven Stil. Obama führt in Umfragen.

Washington. Es ist der Albtraum aller Wahlkampfstrategen: Der Wahltag rückt näher, und die Umfragewerte des Kandidaten stürzen immer weiter. Drei Wochen vor dem Votum der Bürger in den USA ist der Republikaner John McCain weit hinter den demokratischen Hoffnungsträger Barack Obama zurückgefallen - je nach Umfragen um bis zu 15 Prozentpunkte. Der Partei droht akut der Verlust des Weißen Hauses.

So erbittert ist der Wahlkampf inzwischen, dass politische Gegnerschaft in offenen Hass umschlägt. Die Angriffe gegen den Favoriten Barack Obama werden persönlich, die Demokraten sehen sich als Opfer gefährlicher Aufhetzung.

Auf McCains Wahlkundgebungen kochten regelmäßig die Emotionen über. Zwischenrufer schmähten Obama als Verräter, Lügner, Terroristen oder Sozialisten. "Ab mit seinem Kopf", rief ein Parteianhänger in Wisconsin. Der für den Schutz der Kandidaten zuständige Geheimdienst nahm Ermittlungen auf, nachdem ein Besucher bei einer republikanischen Kundgebung in Florida rief: "Tötet ihn." Untersucht wird, ob die Drohung sich ausdrücklich gegen Obama richtete.

Bei McCain und seinen Strategen liegen die Nerven blank. Weil sie mit Sachthemen nicht punkten konnten, setzen sie auf Plan B im Wahlkampfdrehbuch: Attacken auf den Charakter des Gegners. In einem Fernsehspot der Republikaner heißt es: "Barack Obama: Gefährlich, unehrlich, heuchlerisch, respektlos". In einem anderen Werbefilmchen sagt der Sprecher: "Barack Obama - zu riskant für Amerika." McCains Vizekandidatin Sarah Palin warf Obama vor, "nicht dieselben amerikanischen Werte zu haben wie wir".

Die Angriffe schüren Vorbehalte gegen den demokratischen Kandidaten mit der ungewöhnlichen Lebensgeschichte, sie sollen Obama fremdartig und unamerikanisch erscheinen lassen. "Man erlebt da draußen derzeit diese Aufhetzung", beklagte Obamas Vizekandidat Joe Biden. "Ich glaube, das ist ein wenig gefährlich." Kurz vor dem letzten TV-Duell mit Obama, das für heute Abend (Ortszeit) geplant ist, dämpfte McCain seine Rhetorik und rief seine Anhänger zu einem "respektvollen Wahlkampf" auf. McCain dürfte die letzten Umfragen kennen, denen zufolge der harte Wahlkampf seiner Beliebtheit geschadet hat. Nach Angaben der "Washington Post" sagen 59 Prozent, ihm komme es weniger auf Themen als auf die Schmähung des Gegners an.

Ein sicheres Anzeichen für die kritische Lage von McCains Wahlkampf ist der Umstand, dass sich unerbetene öffentliche Kommentare von Parteifreunden häufen. Der republikanische Ex-Gouverneur von Michigan, William Milliken, sagte: "Ich bin enttäuscht über diesen Unterton und die persönlichen Angriffe McCains."

Der Republikaner-Vorsitzende im Staat Michigan, Saul Anuzis, sagte der "New York Times": "Unsere Wahlkampfbotschaft kommt nicht an, und uns rennt die Zeit davon." Und sein Kollege aus Pennsylvania, Robert A. Gleason, räumt unumwunden ein, dass McCains aggressives Auftreten die Wähler der Mitte verprellen könnte: "Sie sind nicht so empfänglich für solche Attacken."