US-Präsident Obama hatte mit einem Militäreinsatz in Syrien gedroht. Assad riskiere “enorme Konsequenzen“. Russland warnt den Westen.

Moskau/Beirut. Nach offenen US-Drohungen haben Syrien und seine Verbündeten den Westen eindringlich vor einem Militäreinsatz gewarnt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow lehnte am Dienstag in Moskau einseitige Gewalt ab und betonte, das Völkerrecht dürfe unter keinen Umständen verletzt werden. Darin bestehe Einigkeit mit China, sagte Lawrow bei einem Treffen mit einem chinesischen Spitzendiplomaten. Der stellvertretende syrische Ministerpräsident Kadri Dschamil warnte, ein Eingriff in die inneren Angelegenheiten würde den Konflikt über die Grenzen des Landes hinaustragen. US-Präsident Barack Obama hatte die Regierung in Damaskus gewarnt, ein Einsatz chemischer Waffen könnte eine Militäraktion provozieren. Syrische Soldaten stürmten derweil nach Angaben von Einwohnern und Oppositionellen einen Vorort von Damaskus und töteten mindestens 20 junge Männer.

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Die Syrien-Unterstützer Russland und China bemühen sich nach Kräften, die internationalen Anstrengungen zum Ende der Krise innerhalb der Vereinten Nationen zu halten, weil sie im Sicherheitsrat mit ihrem Veto harte Resolutionen gegen Syrien verhindern können. Mehrere westliche und arabische Ländern sind dagegen zunehmend frustriert über die Blockade in dem UN-Gremium und bemühen sich um Alternativen, um Druck auf Präsident Baschar al-Assad auszuüben.

Obama sagte, eine Verlegung oder der Einsatz von Chemie- und Biowaffen durch die syrische Führung seien für die USA klar die Überschreitung einer „roten Linie“ und hätte daher „enorme Konsequenzen“ für Assad. Bislang habe er ein militärisches Eingreifen der USA aber nicht angeordnet. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte vor dem Einsatz von C-Waffen. Er forderte Assad auf, „hier nicht mit dem Feuer zu spielen“.

Syrien hatte vor kurzem den Besitz von Massenvernichtungswaffen eingeräumt, aber auch versichert, sie nicht gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen. Die Vorräte an Chemiewaffen gelten als die größten in der Region und sollen unter anderem aus Sarin, Senfgas und möglicherweise VX bestehen. Besonders in Israel gibt es auch Befürchtungen, dass die Chemiewaffen in die Hände von radikalen Islamisten geraten könnten.

Obamas Warnungen gehören zu den schärfsten in dem seit 17 Monaten andauernden Konflikt. Bislang haben die USA und ihre Verbündeten kein Interesse gezeigt, direkt in den Konflikt einzutreten – anders als vergangenes Jahr in Libyen. Damals wurde Staatschef Muammar Gaddafi mit westlicher Hilfe gestürzt.

Westerwelle sagt Syrien-Gesandtem deutsche Unterstützung zu

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat dem designierten Sonderbeauftragten der UN und Arabischen Liga für Syrien, Lakhdar Brahimi, die Rückendeckung Deutschlands zugesagt. Entscheidend für den Erfolg der schwierigen Suche Brahimis nach einer politischen Lösung im Syrien-Konflikt sei die Unterstützung der Staatengemeinschaft, insbesondere des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, sagte Westerwelle nach Angaben des Auswärtigen Amtes in einem Telefonat mit Brahimi am Dienstagabend.

Der frühere algerische Außenminister war am Freitag zum Nachfolger des Sondergesandten Kofi Annan ernannt worden. Annan hatte angesichts der erfolglosen Bemühungen um eine Lösung des Syrien-Konflikts angekündigt, sein Amt als Sondergesandter zum 31. August niederzulegen.

Westerwelle warnte eindringlich vor dem Einsatz von Chemiewaffen im Syrien-Konflikt. Dies wäre „eine verheerende Grenzüberschreitung“ und hätte unabsehbare Folgen für die ganze Region. „Wir müssen alles dafür tun, damit diese Szenario nicht eintritt und die Chemiewaffen nicht in falsche Hände geraten. Ich fordere alle Kräfte in Syrien und insbesondere das Assad-Regime auf, hier nicht mit dem Feuer zu spielen“, erklärte Westerwelle.

Unterdessen gehen die Kämpfe in Syrien unvermindert weiter. Der in London ansässigen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge kamen am Dienstag bei landesweiten Gefechten mehr als 130 Menschen ums Leben.

Mit Material von rtr, dpa und dapd