Euro-Gruppenchef Juncker wird heute Nachmittag zu Gesprächen mit griechischem Regierungschef in Athen erwartet.

Athen/Berlin. Vor seinem mit Spannung erwarteten Treffen mit Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hat der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras um mehr Zeit für die von der Troika geforderten Reformen gebeten. „Wir fordern kein zusätzliches Geld. Wir stehen zu unseren Verpflichtungen und zur Erfüllung aller Vorgaben“, sagte Samaras der „Bild“-Zeitung (Mittwochausgabe). „Wir müssen das Wachstum ankurbeln, weil das die Finanzlücken verkleinert. Alles, was wir wollen, ist ein wenig ’Luft zum Atmen’, um die Wirtschaft rasch in Gang zu bringen und die Staatseinnahmen zu erhöhen. Mehr Zeit bedeutet nicht automatisch mehr Geld.“

+++Samaras bezeichnet Rückkehr zur Drachme als "Katastrophe"+++

Juncker wird am Nachmittag in Athen erwartet. Das Treffen mit Samaras ist für 16.30 Uhr (MESZ) angesetzt, anschließend ist eine Pressekonferenz geplant. Bei dem Gespräch wird es vor allem um die notwendigen Kürzungen in dem schuldengeplagten Land sowie um einen Sanierungsplan der Regierung gehen, wie Junckers Büro am Dienstag mitteilte. Auch ein Treffen Junckers mit dem griechischen Finanzminister Yannis Stournaras sei geplant.

Die Troika mit Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds soll im September ihren neuen Bericht zur Situation in Griechenland fertigstellen. Seit Wochen gibt es Gerüchte, dass die Experten der Regierung in Athen ein verheerendes Zeugnis ausstellen könnten.

Samaras fordert mehr Solidarität

Samaras forderte die europäischen Partner zu mehr Solidarität auf. „Wir müssen heraus aus dieser Negativ-Psychologie, die wie ein tiefes schwarzes Loch ist,“ sagte der konservative Regierungschef der „Bild“. Die Griechen hätten eine neue Regierung gewählt, um das Land auf neuen Kurs zu bringen. Bei Strukturreformen und Privatisierungen gehe es voran. „Und es ist nicht fair, wenn uns manche in Europa immer wieder in dieses Loch zurückstoßen wollen. Griechen und Deutsche haben viel gemeinsam. Auch wir können eine Tragödie in eine Erfolgsgeschichte verwandeln“, sagte Samaras.

Der Regierungschef erklärte, er sei entschlossener denn je zu handeln. „Die Opfer der Griechen sollen nicht umsonst gewesen sein“, sagte Samaras. „Und alle unsere Partner sollen wissen: Wir Griechen strengen uns wirklich an und ich bin sicher, wir werden es schaffen.“ Trotz kurzfristiger Probleme stehe die Staatsfinanzierung für die kommenden drei Jahre.

+++"In der Krise wachsen die Vorurteile"+++

Jetzt würden alle nötigen Reformen angepackt, sagte Samaras: „Griechenland blutet. In den letzten drei Jahren ist unsere Wirtschaft um ein Fünftel geschrumpft, der Lebensstandard ist um ein Drittel gesunken, die Rentner haben ein Fünftel ihrer Einkommen verloren, die Hälfte unserer Jungen ist arbeitslos. Wir tun alles, das Land zusammenzuhalten, während wir die Reformen durchsetzen.“

Daneben müsse auch der Geist der Europäischen Union bewahrt werden, erklärte der Regierungschef. „Ließe man Griechenland jetzt fallen, würden die Unsicherheit und Verwundbarkeit der anderen Euro-Staaten wachsen. Von den dramatischen Folgen auf den Finanzmärkten ganz zu schweigen.“ Eine Rückkehr zur Drachme wäre eine Katastrophe für das Land: „Ein Albtraum für Griechenland: wirtschaftlicher Kollaps, soziale Unruhen und eine nie da gewesene Krise der Demokratie“, sagte Samaras. (dapd, abendblatt.de)