Die Frau des ehemaligen Top-Politikers musste sich des Vorwurfs erwehren, einen britischen Geschäftsmann vergiftet zu haben. Urteil steht aus.

Peking. Kurzer Prozess im Fall Gu Kailai: Nach gerade einmal einem Tag hat die chinesische Justiz den Mordprozess gegen die Ehefrau des entmachteten Politikers Bo Xilai am Donnerstag abgeschlossen. Wann ein Urteil verkündet wird, teilte der stellvertretende Gerichtsdirektor Tang Yigan zunächst nicht mit. Die Beweislage ergebe allerdings aus Sicht der Staatsanwalt ein klares Bild: „Gu Kailai ist die Haupttäterin und Zhang ihr Komplize“, erklärte er.

Gegen Gu und ihren Hausangestellten Zhang Xiaojun war im Juli in der ostchinesischen Stadt Hefei Anklage wegen Mordes an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood erhoben worden. Gu drohen bei einer Verurteilung durch den Mittleren Volksgerichtshof mehr als zehn Jahre Haft oder die Todesstrafe. Beobachter rechneten vorab mit einem Schuldspruch.

Bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Verhandlung wurde mitgeteilt, dass Heywood betrunken gemacht und anschließend vergiftet worden sei. Gu und der Hausangestellte hätten der Anklage nicht widersprochen, sagte der stellvertretende Gerichtsdirektor Tang Yigan. Weder die Beschuldigten noch ihre Anwälte haben sich bislang öffentlich zu der Angelegenheit geäußert.

Die Staatsanwälte hätten berichtet, dass Gu in der Nacht vom 13. November in das Hotel Heywoods gekommen sei und mit diesem Wein und Tee getrunken habe, berichtete Tang. „Als Heywood betrunken war, sich übergab und Wasser haben wollte, nahm sie ein vorbereitetes Gift und schüttete es ihm in den Mund, was ihn tötete“, sagte Tang. Das Gift habe ihr der Hausangestellte Zhang gebracht. Vor Gericht seien dazu schriftliche Beweise, Zeugenaussagen und anderes Material präsentiert worden.

Tang wiederholte, was die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua bereits vor einigen Wochen berichtet hatte: Gu habe einen Streit mit Heywood über Geld gehabt und befürchtet, dass die Sicherheit ihres Sohnes gefährdet sei. Heywood unterhielt enge Beziehungen zur Familie Bo. Gus Ehemann Bo war im April wegen eines nicht näher genannten Disziplinarvergehens aus dem Politbüro und dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Die Affäre um den beliebten Politiker warf ein Schlaglicht auf interne Machtkämpfe in den höchsten Parteikreisen.

Internationale Berichterstatter ausgeschlossen

Der Prozess fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Dutzende Polizisten und Sicherheitskräfte in zivil überwachten die Zugänge zum Gericht, Spezialfahrzeuge der Polizei parkten vor dem Gebäude. Internationale Medien waren zu dem Verfahren nicht zugelassen. Gleichwohl war aufgrund der Nationalität des Opfers zwei britischen Diplomaten die Teilnahme an der Verhandlung erlaubt worden. In einer Videoübertragung des chinesischen Staatssenders CCTV wirkte Gu äußerlich ruhig, als sie in den Gerichtssaal geführt wurde. Dabei trug die Angeklagte ein weißes Hemd mit Kragen, einen dunklen Anzug und ein Bündel Papiere.

Die Regierung wolle die Angelegenheit so tief wie möglich hängen, sagte Dali Yang, Experte für chinesische Politik und Leiter des University of Chicago Center in Peking. Ziel sei es, sich nicht von einem erfolgreichen 18. Parteitag ablenken zu lassen, sagte Yang.

Der kurze Prozess gegen Gu sorgte international für Aufsehen. Dabei sind Schnellverfahren in China keine Seltenheit. „Es ist dort sehr unüblich, dass ein Kriminalprozess länger als ein Tag dauert“, erklärte der in Hongkong ansässige Menschenrechtsexperte Joshua Rosenzweig. So kann ein Todesurteil am selben Prozesstag verkündet werden.

Britische Medien hatten gemutmaßt, Heywood sei in Geldwäsche verstrickt gewesen, habe für den britischen Geheimdienst gearbeitet oder sei Gus Liebhaber gewesen. In London warf seine Mutter, Ann Heywood, den Medien am Mittwoch vor, Lügen über ihren Sohn zu verbreiten. Eines Tages würde die Wahrheit aber ans Licht kommen, sagte sie. (dapd)