Hamid Karsai gibt dem Druck der USA nach: Afghanistans Präsident stellt sich einer Stichwahl. Sie soll am 7. November stattfinden.

Kabul. Genau zwei Monate nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Afghanistan hat die Wahlkommission eine Stichwahl angeordnet. Sie soll am 7. November stattfinden. Präsident Hamid Karsai erklärte, er akzeptiere die Empfehlung der Wahlkommission. Damit muss der Amtsinhaber voraussichtlich gegen seinen wichtigsten Rivalen, den früheren Außenminister Abdullah Abdullah, kandidieren.

Bei der Wahl am 20. August hatte Karsai nach ersten Auszählungsergebnissen mit über 54 Prozent eine absolute Mehrheit erzielt. Abdullah war demnach auf 28 Prozent gekommen. Eine Prüfung von Vorwürfen massiven Wahlbetrugs durch eine UN-gestützte Untersuchungskommission (ECC) ergab jedoch, dass rund ein Drittel der Stimmen für Karsai ungültig waren. Diesem Ergebnis schloss sich nun die Wahlkommission an. Damit fiel sein Stimmanteil unter 50 Prozent.

US-Präsident Barack Obama begrüßte die Bereitschaft Karsais zur Teilnahme an einer Stichwahl als „wichtigen Schritt nach vorne“. Karsais Entscheidung gewährleiste „ein glaubwürdiges Verfahren, das zu einer Regierung führen wird, die dem Willen des afghanischen Volks entspricht“, erklärte Obama am Dienstag in Washington. Der US-Präsident lobte außerdem die afghanischen Wähler für ihre „Geduld und Ausdauer“ und die Wahlkommission für ihre Unabhängigkeit.

Der britische Premierminister Gordon Brown würdigte in London die Entscheidung Karsais, die er als „staatsmännisch“ bezeichnete. „Er hat heute Führungskraft bewiesen“, sagte der Premierminister über Karsai. „Der Präsident hat heute klargemacht, dass das verfassungsgemäße Verfahren eingehalten werden muss und dass es eine Stichwahl geben muss, wenn die Wahlergebnisse dies erfordern.“

Die Abhaltung einer Stichwahl in Afghanistan binnen gerade mal knapp drei Wochen ist logistisch eine große Herausforderung. Zudem muss sichergestellt werden, dass es nicht wie bei der ersten Abstimmung zu massivem Wahlbetrug kommt. Das kurzfristige Datum ist wohl dem Wetter geschuldet: Sobald der Winter am Hindukusch voll einsetzt, ist eine landesweite Wahl nicht mehr durchführbar.

US-Außenministerin Clinton sagte noch am Montag, führende US-Generäle und afghanische Behörden hätten ihr versichert, dass die Durchführung einer Stichwahl noch vor dem Winter möglich sei. Zuvor hatten sich ranghohe US-Vertreter in Kabul um eine Lösung der Krise bemüht. Senator John Kerry, der einflussreiche Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, traf sich zum fünften Mal in ebenso vielen Tagen zu einem Gespräch mit Karsai. Auch mit Abdullah traf er erneut zusammen. Der bestens vernetzte frühere US-Botschafter in Afghanistan, Zalmay Khalilzad, bemühte sich ebenfalls um eine Vermittlung, obgleich er offiziell nur privat in Kabul war. Khalizad sagte, er hätte eine Allparteienregierung favorisiert. Das sei auch die bevorzugte Lösung der US-Regierung gewesen, sagte er dem Fernsehsender ABC.

US-Verteidigungsminister Robert Gates forderte unterdessen eine rasche Entscheidung über die weitere Afghanistan-Strategie. Die Regierung könne nicht rumsitzen und auf Wahlergebnisse und eine neue Regierung in Kabul warten, sagte er vor Journalisten auf dem Weg nach Japan. Präsident Barack Obama müsse seine Entscheidungen treffen, während die Entwicklungen noch im Fluss seien. (abendblatt.de/AP)