Acht Jahre muss der Rebellenführer aus dem Kongo noch absitzen. Richter kritisiert Ankläger, keine weiteren Vorwürfe vorgebracht zu haben.

Den Haag. Der kongolesische Rebellenchef Thomas Lubanga ist wegen der erzwungenen Rekrutierung von Kindersoldaten vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Schon der Schuldspruch für den 51-Jährigen im März war eine Premiere für das Weltstrafgericht in Den Haag, das am Dienstag nun auch erstmals seit seiner Gründung vor zehn Jahren ein Strafmaß verkündete. Dieses blieb allerdings deutlich hinter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Freiheitsstrafe von 30 Jahren zurück.

+++Lubanga-Urteil schürt Angst in Simbabwe+++

+++Rebellenführer aus dem Kongo ließ Kinder kämpfen+++

Lubanga wurde für schuldig befunden, als Gründer und Führer der Union des Patriotes Congolais (UPC) und ihres bewaffneten Arms im blutigen Konflikt in der ostkongolesischen Provinz Ituri zwischen 2002 und 2003 Kindersoldaten rekrutiert und eingesetzt zu haben. Lubanga hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Er kann sowohl gegen den Schuldspruch als auch gegen das Strafmaß Berufung einlegen. Lubanga, in grauem Anzug und Krawatte, zeigte bei der Verlesung der Strafe keinerlei Reaktion. Die Anklage hatte erklärt, sich mit einer Reduzierung des Strafmaßes auf 20 Jahre zufriedenzugeben, wenn Lubanga sich „aufrichtig“ bei seinen Opfern entschuldigen würde.

Der Vorsitzende Richter Adrian Fulford sagte am Dienstag in Den Haag, die Verletzlichkeit von Kindern bedinge, dass sie in Kriegszeiten unter besonderem Schutz stehen müssten. Menschenrechtsaktivisten begrüßten den Prozess gegen Lubanga als Meilenstein, dem Einsatz von Kindersoldaten in weltweiten Konflikten einen Riegel vorzuschieben. Nach Schätzungen der UN kämpfen in Konflikten von Afrika bis Asien und Lateinamerika derzeit Zehntausende Kindersoldaten.

Es war zunächst unklar, wo Lubanga seine Strafe verbüßen wird. Der IStGH hat keine Gefängniszellen für verurteilte Kriegsverbrecher. Allerdings bestehen Vereinbarungen mit sieben Ländern für deren Unterbringung in Haftanstalten: Dänemark, Serbien, Mali, Österreich, Finnland, Großbritannien und Belgien. Lubanga sitzt bereits seit seiner Überstellung nach Den Haag im März 2006 ein. Diese Zeit werde ihm auf die Freiheitsstrafe angerechnet, erklärte Fulford. Er lobte Lubanga, während des gesamten Prozesses „respektvoll und kooperativ“ gewesen zu sein.

Der Richter kritisierte den ehemaligen Chefankläger Luis Moreno Ocampo, keine Vorwürfe gegen Lubanga wegen sexueller Gewalt oder Beweise für diese bei einer Anhörung für die Strafmaßfindung im vergangenen Monat vorgebracht zu haben. Menschenrechtsaktivisten zufolge ist Lubangas Miliz für Massenvergewaltigungen in Ituri verantwortlich.

Das dreiköpfige Richtergremium hatte Lubanga im März einstimmig für schuldig befunden, aber auch die Anklage scharf kritisiert, die Mittelsleute eingesetzt hatte, um mit Zeugen im Kongo zu sprechen. Drei dieser Mittelsleute hätten Zeugen zu „falschen Aussagen überredet, angestiftet oder sie dabei unterstützt“, sagte Fulford. Allerdings hätten andere Zeugenaussagen und Videos, auf denen Lubanga zu Kindersoldaten spricht, genügend Beweise gegen ihn geliefert.

Ein Rechtsvertreter für 140 Opfer begrüßte die Strafe für Lubanga. „Das ist sehr wichtig. Es tröstet die Opfer“, sagte Franck Mulenda vor dem Gerichtsgebäude in Den Haag. Er erwarte nun vom Gericht, dass es Entschädigungszahlungen für die ehemaligen Kindersoldaten anordne, „damit sie ihre Bildung und ihren Platz in der Gesellschaft zurückbekommen“.

Das Gerichtsverfahren gegen Lubanga begann im Januar 2009. In den zehn Jahren seit seiner Gründung hat der Internationale Strafgerichtshof sieben Verfahren eröffnet und fünf Verdächtige in seinem Gewahrsam genommen, darunter den früheren Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, und den ehemaligen Vizepräsidenten des Kongos, Jean-Pierre Bemba.

Doch viele zweifeln die Effektivität des Gerichts an, das keine Festnahmen durchführen und Untersuchungen nur in jenen 120 Ländern durchführen kann, die ihn anerkennen, beziehungsweise bei einer Weisung des UN-Sicherheitsrates. Die Unfähigkeit des IStGH zur Festnahme Verdächtiger war auch Thema eines millionenfach angeklickten Internet-Videos über den ugandischen Rebellenführer Joseph Kony. Kony war der erste Angeklagte des IStGH, ist sechs Jahre später aber immer noch nicht gefasst.