Bundesfinanzminister Schäuble und Euro-Gruppen-Chef Juncker sehen keine Euro-Krise. Staatsschulden müssten dennoch abgebaut werden.

Berlin. Am 1. Januar 2012 wird der Euro-Währung zehn Jahre alt. Kurz vor dem Jubiläum mahnt Finanzminister Wolfgang Schäuble die Länder der Gemeinschaftswährung noch einmal dazu auf, ihre Staatsschulden weiter abzubauen. Der Euro sei stabil, so der CDU-Politiker. Dennoch gebe es eine Schuldenkrise, die der einzelnen Staaten. Und die "Ansteckungsgefahr" dieser Krise bereitet dem Finanzminister Sorge. Dass es eine Euro-Krise gebe, bestreitet auch der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker. Juncker ist ebenfalls der Auffassung, dass die Schuldenkrise auch ohne Änderungen der EU-Verträge gelöst werden könne. SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert dagegen die Bildung einer politischen Union in Europa.

Die Angst vor den Folgen der Schuldenkrise könne den Menschen nur genommen werden, wenn man auf die Rückführung der hohen Schulden bestehe, so Schäuble im Inforadio des RBB. Daran führe kein Weg vorbei. Deutschland werde den Weg des Schuldenabbaus konsequent fortsetzen. Dieses Jahr werde er mit einer Neuverschuldung von unter 20 Milliarden Euro abschließen, sagte Schäuble.

Der luxemburgische Ministerpräsident Juncker sagte ebenfalls im Inforadio, zur Lösung der Schuldenkrise reiche es nicht, neue Regeln festzulegen und neue Verträge zu vereinbaren. "Es braucht sehr solide Pläne zur Haushaltskonsolidierung, und die werden gerade umgesetzt.“ Die EU-Verträge hätten schon immer genügend Instrumente gehabt, ihre Vorgaben durchzusetzen. Seine Kritik richte sich nicht an den Vertrag, sondern an die Regierungen, die sich nicht an diese Auflagen gehalten hätten, erklärte Juncker.

Gabriel sagte dagegen der Tagszeitung "Die Welt“, Europa müsse von einer "Konförderation zur Föderation entwickelt werden“. Die europäischen Verträge müssten stärker verändert werden, als dies auf dem jüngsten Gipfeltreffen in Brüssel beschlossen worden sei. "Wir brauchen eine Fiskalunion, zu der Haushaltsstabilität gehört, aber auch eine gemeinsame Steuer- und Finanzpolitik.“

Auch der SPD-Politiker und frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel trat für eine noch stärkere Zusammenarbeit in der europäischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ein. Dann werde der Euro "nicht nur überleben, sondern nach der Krise stärker sein als vorher“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin.

Eichels Vorgänger als Finanzminister, Oskar Lafontaine, forderte sogar eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik in Europa. Der frühere Chef der Linkspartei und heutige Fraktionschef der Linken im saarländischen Landtag nannte die Koordinierung der Lohnpolitik zwingend. Das exportstarke Deutschland habe mit viel zu geringen Lohnsteigerungen andere Länder in die Verschuldung getrieben. Als "Königsweg“ zur Euro-Rettung schlug Lafontaine in der "Sächsischen Zeitung“ (Mittwochausgabe) vor, die Europäische Zentralbank (EZB) müsse direkt Kredite an die Staaten vergeben können. Damit würden auf Knopfdruck "der ganze Finanzmarkt und die ganzen Ratingagenturen lahmgelegt“.

Auf dem letzten EU-Gipfel hatten sich alle Mitglieder mit Ausnahme Großbritanniens für Vereinbarungen für eine Fiskalunion ausgesprochen, die allerdings ohne Vertragsänderungen erreicht werden sollen. Schäuble sagte zu Gabriels Vorschlag: "Wir wollen keinen europäischen Superstaat, aber wir brauchen gemeinsame Regeln“ in der Haushaltspolitik.

Am 1. Januar jährt sich zum zehnten Mal die Bargeldeinführung des Euro. (abendblatt.de/dapd)