Weil sie Wahlfälschungen anprangerten, sitzen Hunderte Gegner in Moskau hinter Gittern. Doch Putin-Gegner lassen sich nicht entmutigen.

Moskau. Mehr als 800 Regierungsgegner waren in Russland bei Protesten gegen Wahlfälschungen festgenommen worden. Hunderte von ihnen sind heute weiterhin in Polizeigewahrsam. Medienangaben zufolge waren am Mittwoch allein in Moskau noch weit mehr als die Hälfte der 569 festgenommenen Kremlkritiker hinter Gittern. Oppositionspolitiker fordern ihre sofortige Freilassung. Regierungschef Wladimir Putin reichte unterdessen demonstrativ seine Bewerbungsunterlagen für die Präsidentenwahl am 4. März 2012 bei der Zentralen Wahlleitung ein.

Der Menschenrechtsbeauftragte des Kremls, Michail Fedotow, kritisierte das harte Durchgreifen von Polizei und Justiz. Dass die Polizei den Festgenommenen über Stunden Wasser und Nahrung verwehrt habe, sei „absolut inakzeptabel“.

Den Regierungsgegnern drohen bis zu 15 Tage Arrest wegen angeblichen Widerstands gegen die Polizei. Mehrere Dutzend Demonstranten wurden bereits zu Arreststrafen verurteilt, darunter der nicht zur Wahl zugelassene Oppositionspolitiker Ilja Jaschin und der bekannte Blogger Alexej Nawalny, den Medien immer wieder als möglichen Präsidentenkandidaten nennen.

+++ Anti-Putin-Protest auf Moskaus Straßen: 100 Festnahmen +++

+++ Kritik und Demonstrationen nach Sieg der Putin-Partei +++

Etwa 2000 Putin-Gegner hätten am Dienstagabend im Moskauer Stadtzentrum an der nicht genehmigten Kundgebung teilgenommen, hieß es. In der zweitgrößten Stadt St. Petersburg nahm die Polizei mindestens 250 Demonstranten fest. Auch aus dem südrussischen Rostow am Don und der Wolga-Stadt Samara wurden Festnahmen gemeldet.

Die Sicherheitskräfte gingen nach Medienberichten massiv gegen die Demonstranten vor und hielten in Moskau auch mehrere Journalisten sowie Menschenrechtler über Stunden fest. Regierungsgegner berichteten von Provokationen durch Aktivisten der Kremljugend, die den Polizeieinsatz bejubelt hätten.

„Das Wahlergebnis entspricht nicht dem Wählerwillen“, sagte der Chef der liberalen Partei Jabloko, Sergej Mitrochin. Jabloko hatte bei der Parlamentswahl am Sonntag den Einzug in die Staatsduma nach offiziellen Angaben klar verpasst. Mitrochin kündigte an, gegen Wahlfälschungen in allen Instanzen zu klagen. „Wir wollen keine Revolution, sondern Demokratie nach europäischem Vorbild. Das ist ein langer Weg“, sagte Jabloko-Gründer Grigori Jawlinski.

Für den kommenden Samstag rief die außerparlamentarische Opposition im Internet zu einer genehmigten Demonstration in der Nähe des Kremls auf. Mehr als 10 000 Menschen hatten sich bis zum Mittwochnachmittag (Ortszeit) bereits über soziale Netzwerke dazu angemeldet. An einer erlaubten Kundgebung in Moskau am Montagabend hatten sich Schätzungen zufolge weit mehr als 6000 Putin-Gegner beteiligt.

Die von Putin geführte Regierungspartei Geeintes Russland war mit offiziell fast 50 Prozent der Stimmen zum Sieger der Parlamentswahl vom 4. Dezember ernannt worden. Regierungsgegner werfen Putin massive Wahlfälschungen vor. Die Bundesregierung, die USA und Wahlbeobachter haben massive Zweifel geäußert, dass die Abstimmung frei und fair abgelaufen sei. (dpa)