Monti gewinnt auch im Abgeordnetenhaus Abstimmung - Regierungschef warnt Politiker vor Obstruktionskurs - Erste Auslandsreisen in der kommenden Woche

Rom. Der italienische Ministerpräsident Mario Monti hat die letzte parlamentarische Hürde genommen und kann nun seine Arbeit zur Abwehr des Staatsbankrotts aufnehmen. Nach dem Senat gab am Freitag auch das Abgeordnetenhaus mit 556 zu 61 Stimmen grünes Licht für seine aus Technokraten bestehende Regierung. Eindringlich warnte der frühere EU-Kommissar die Politiker vor einem Obstruktionskurs gegen seine umfangreichen Reformpläne, mit denen er die Staatsfinanzen sanieren will. Bereits in der kommenden Woche will sich Monti mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy sowie der EU beraten.

Unmittelbar vor der Abstimmung warb Monti nachdrücklich für parlamentarischen Rückhalt und warnte die Politiker vor Querschüssen gegen sein rigides Sparprogramm. „Ich bitte nicht um blindes Vertrauen. Wir erbitten ein wachsames Vertrauensvotum“, sagte der parteilose Ministerpräsident. Die Abgeordneten sollten stets die Folgen bedenken, die ein Entzug des Vertrauens mit sich bringe.

Monti, der am Mittwoch zum Nachfolger des umstrittenen Regierungschefs Silvio Berlusconi ernannt worden war, bekundete die Absicht, bis zum Jahr 2013 im Amt zu bleiben. In Italien hält sich hartnäckig der Verdacht, dass die politische Klasse alles unternehmen wird, die Regierung Monti innerhalb von Monaten zu Fall zu bringen, weil sie dem Land von den Finanzmärkten aufgezwungen worden sei. So mahnte Berlusconi seinen Nachfolger laut Agenturberichten, nur die Reformen umzusetzen, die er – Berlusconi – Italiens Partnern zugesagt habe. Andernfalls werde Monti die Unterstützung der Berlusconi-Partei Volk der Freiheit (PDL) verlieren.

In seiner Antrittsrede im Senat hatte Monti am Donnerstag umfangreiche Reformvorhaben angekündigt, die zur Gesundung des krisengeschüttelten EU-Mitbegründers dienen sollen. Seine Regierung werde eine Steuer-, Renten- und Arbeitsmarktreform ebenso in Angriff nehmen wie den Kampf gegen Steuerhinterziehung und für ein besseres Bildungssystem. Italien stecke in einer ernsten Notlage.

Am Freitag bekannte sich Monti zur Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB). Es gebe keinen Grund, daran etwas zu ändern. Seine künftige Haltung zu Eurobonds ließ Monti offen. Er wolle sich zunächst mit Frankreich und Deutschland beraten, bevor er Position beziehe. Die deutsche Regierung lehnt Eurobonds ab. Vor seiner Zeit als Regierungschef hatte sich Monti positiv zu gemeinsamen Anleihen der Euro-Mitglieder geäußert.

Am Donnerstag wird sich Monti mit Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy zu Beratungen über die Schuldenkrise in Straßburg treffen. Merkel hat die von Montis Kabinett angekündigten Reformen von Arbeitsmarkt und Sozialsystemen begrüßt. Am Dienstag kommt der Ökonom bereits mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in Brüssel zusammen.

Ein großes Hindernis auf dem Weg zu einer Genesung der italienischen Finanzen ist das lahme Wirtschaftswachstum. Neuen Daten zufolge bekommt die italienische Industrie in der Schuldenkrise immer stärkeren Gegenwind zu spüren: Die Unternehmen sammelten im September 8,3 Prozent weniger Aufträge ein als im Monat zuvor, wie das Statistikamt Istat mitteilte. Es war der größte Rückgang im Neugeschäft seit zwei Jahren. Im August hatte es noch ein Plus von 4,2 Prozent gegeben. Die Umsätze sanken im September auf Monatssicht um 5,4 Prozent.

Italiens Wirtschaft wächst deutlich schwächer als seine großen europäischen Handelspartner. Die EU-Kommission erwartet 2011 nur einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 0,5 Prozent und sagt für nächstes Jahr sogar nur ein Mini-Plus von 0,1 Prozent voraus. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft dürfte 2011 um rund drei Prozent zulegen und 2012 immerhin noch um etwa ein Prozent wachsen.