Im Etatstreit um den US-Haushalt einigten sich Demokraten und Republikaner in letzter Minute. Doch weitere Kraftproben stehen bevor.

Washington. Die Einigung erfogte in letzter Minute - sie wird schon jetzt als historisch bezeichnet. Republikaner und Demokraten haben sich im Etatstreit auf Kürzungen im Wert von 38 Milliarden Dollar im laufenden Haushalt.verständigt. Somit haben sie nicht zuletzt die Schließung zahlreicher Behörden verhindert. US-Präsident Barack Obama erklärte, die Einigung sei möglich geworden, weil Amerikaner mit unterschiedlichen Ansichten zusammengefunden hätten. Die Regierung von Präsident Obama konnte somit gerade noch einer finanziellen Lähmung entgehen. Wäre kein Kompromiss ausgehandelt worden, wäre der Regierung ab Samstag der Geldhahn zugedreht worden. Dies hätte zu einem Stillstand der öffentlichen Verwaltung führen können. Konkret hätten hunderttausenden Staatsbediensteten der Zwangsurlaub gedroht. Sogar amerikanische Soldaten im unmittelbaren Kampfeinsatz hätten vorerst kein Geld mehr bekommen. Darüberhinaus hätten auch viele öffentliche Einrichtungen kurzfristig schließen müssen, was unabsehbare Folgen für die Wirtschaft gehabt hätte. Neben den Behörden wären auch Touristenattraktionen wie die Nationalparks betroffen. Es wäre das erste mal seit 15 Jahren gewesen.

Streit über die Höhe der Einsparung

Nach der Einigung zeigte sich Präsident Barack Obama deutlich erleichtert. „Ich freue mich mitteilen zu können, dass das Regierungsgeschäft geöffnet bleibt“, sagte er gut eine Stunde vor Ende der Frist. Dennoch sprach er ebenfalls von schmerzhaften Einschnitten. Die Regierung wird nun durch eine provisorische Vereinbarung bis Donnerstag flüssig bleiben, bis dahin soll der Kongress den so lange umstrittenen Haushalt 2011 verabschieden. Gestritten wurde angesichts des massiven Haushaltsdefizits von erwarteten 1,65 Billionen Dollar in diesem Jahr über die Höhe von Einsparungen. Die Republikaner wollten deutlich mehr Kürzungen als die Demokraten - und das in sozialen Bereichen wie der Gesundheitsfürsorge, was die Gegenpartei vehement ablehnte.

Beide Seiten verständigten sich nun auf Einsparungen in Höhe von 39 Milliarden Dollar (27 Milliarden Euro) für die restlichen sechs Monate des Haushaltjahres 2011. Es hat bereits am 1. Oktober 2010 begonnen, aber der Etat wegens des Sparstreits bisher nicht verabschiedet worden. Die Regierung blieb nur flüssig, weil der Kongress wiederholt kurzfristig Ausgabenpläne auf der Basis des Etats von 2010 verlängerte.Obama nannte die Einsparungen die bisher größten in der US-Geschichte. Auch der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sprach von Kürzungen historischen Ausmaßes. Die Spitzen beider Parteien im Kongress hatten seit Tagen jeweils bis tief in die Nacht um einen Kompromiss gerungen. Dabei hatten neben dem Streit über den Umfang der Einsparungen zunehmend auch ideologische Differenzen einen Kompromiss verhindert.

Die Parteien sorgen sich um Wählerstimmen

Ein nicht unwesentlicher Grund für den Kompromiss waren die anstehenden Präsidenten- und Kongresswahlen im kommenden Jahr. Für beide Parteien steht somit zu viel auf dem Spiel. Wer wollte die Verantwortung für Konsequenzen übernhemen? Wer dann als Schuldiger dagestanden hätte, wäre nicht abzusehen. Bei der letzten Schließung vor 15 Jahren konnte der amtierende Präsident Bill Clinton profitieren, der es wie Obama auch mit einer republikanischen Mehrheit zu tun hatte. Die langwierigen Verhandlungen hatten im US-Kongress zu den bislang heftigsten Auseinandersetzungen der beiden Parteien geführt. Die Republikaner hatten im vergangenen Jahr die Mehrheit im Repräsentantenhaus vor allem mit dem Versprechen gewonnen, die staatlichen Ausgaben zu kürzen und das Haushaltsdefizit abzubauen.

Weitere Kraftproben stehen an

Ein Hauptknackpunkt war die Forderung der Republikaner, dass die Familienplanungseinrichtung Planned Parenthood keine Staatsgelder mehr erhält, weil diese – so die Argumentation der Konservativen - für Abtreibungen verwendet werden könnten. Allerdings stellen bereits Gesetze sicher, dass Schwangerschaftsabbrüche mit wenigen Ausnahmen nicht mit öffentlichen Mitteln finanziert werden können. Die Demokraten argumentieren zudem, dass der überwältigend größte Teil der Arbeit von Planned Parenthood der medizinischen Betreuung von Frauen wie etwa der Krebsvorsorge gilt. Allerdings ist dieser Streitpunkt in dem Kompromiss von Freitagnacht nicht erwähnt, was als ein offensichtlicher Sieg der Demokraten gewertet wird. Doch für Obamas Regierung steht die Hauptherausforderungen erst noch bevor. Die Beratungen über den Etat für 2012 stehen bevor. Unter dem Druck der radikalkonservartiven Tea-Party-Vertreter wollen die Republikaner hier ihre Forderungen deutlich stärker durchsetzen.

Eine weitere Kraftprobe steht aber erst noch an: Derzeitig beträgt die Gesamtverschuldung der USA mehr als 14,2 Billionen Dollar (rund 9,8 Billionen Euro). Die erlaubte Schuldenobergrenze liegt zurzeit bei 14,3 Billionen Dollar. Das Finanzministerium erwartet, dass diese Schallmauer im Mai durchbrochen wird – sollte der Kongress die Deckelung nicht anheben. Die Republikaner sprechen sich deutlich dagegen aus. (abendblatt.de/dda/dpa)