Am Sonnabend übernimmt Ungarn für sechs Monate die Ratspräsidentschaft der EU

Budapest/Berlin. Der Ton im Streit über das ungarische Mediengesetz wird schärfer. Die Bundesregierung erwartet, dass das Gesetz noch überarbeitet wird. Er gehe davon aus, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei und Fragezeichen beseitigt würden, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP). Die Regierung in Budapest wies alle Einwände zurück. Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte, es sei "bedauerlich", dass die internationale Kritik "nichts Konkretes" enthalte, sondern "nur Befürchtungen und Drohungen".

Außenminister János Martonyi sagte, Kritik sei allenfalls angebracht, sobald sich die Befürchtungen, dass das Gesetz missbraucht werden könnte, "bewahrheiten". Formell kann jetzt nur noch Ungarns Staatspräsident Pál Schmitt das Inkrafttreten des Gesetzes hinauszögern, indem er es dem Verfassungsgericht zur Überprüfung vorlegt. Bislang herrscht Unklarheit darüber, ob Schmitt das Gesetz unterzeichnet hat. Schmitt gilt als Gefolgsmann Orbáns.

Ungarn, das zum Jahreswechsel turnusmäßig die sechsmonatige Ratspräsidentschaft in der EU übernimmt, steht wegen der geplanten Einschränkung der Pressefreiheit heftig in der Kritik. Das Gesetz sieht vor, dass künftig eine Kontrollbehörde, deren Mitarbeiter der Regierungspartei angehören, die Medien beaufsichtigen soll. Sollten die Prüfer zu der Einschätzung kommen, dass die Berichterstattung fehlerhaft ist, drohen hohe Geldstrafen.

Orbán und Martonyi erklärten, die Kritiker hätten den Gesetzestext offenbar nicht gelesen. Das Mediengesetz entspreche in jedem Punkt Gesetzen in anderen EU-Staaten. Martonyi meinte, die Kontroverse werde die EU-Ratspräsidentschaft nicht überschatten. Er hoffe, dass die EU-Kommission nach Prüfung des Mediengesetzes einen "sachlichen Standpunkt" vertreten werde.

Staatsminister Hoyer sagte der "Frankfurter Rundschau": "Es wäre gut, wenn dieses Thema rasch aus der Welt geräumt wird." Gerade in der neuen EU-Führungsrolle sei Ungarn ganz besonders gefordert, sich an alle europäischen Regeln zu halten. In der EU müsse die Wahrnehmung der Grundrechte "ohne jeden Zweifel gewährleistet" sein, mahnte Hoyer.