Der Wille zur Zusammenarbeit ist da, doch zwischen Demokraten und Republikanern droht bereits der erste Streit um die Steuern.

Washington. Zwei Tage nach dem fulminanten Sieg der US-Republikaner bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus zeichnet sich immer stärker eine Konfrontation in Washington ab. Bereits im November, noch bevor der neu gewählte Kongress im Januar erstmals zusammentritt, wird eine Schlacht um Steuern erwartet. US-Präsident Barack Obama lud am Donnerstag die Spitzen beider Parteien für der 18. November zu einem Gespräch ins Weiße Haus ein. Dort soll ausgelotet werden, in welchen Bereichen Zusammenarbeit möglich ist. Zum Auftakt einer Kabinettssitzung am Donnerstag bekräftigte der Präsident seine Bereitschaft zur Kooperation. „Die Wähler wollen keine zwei Jahre des Gezänks“, sagte er. Der demokratische Fraktionschef im Kongress, Harry Reid, erklärte: „Nein ist nicht die Antwort. Es muss ein Ja sein. Nicht unser Ja, sondern ein gemeinsames Ja.“

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Auch republikanische Spitzenvertreter betonten den Willen, zum Wohl des Volkes konstruktiv zusammenzuarbeiten. Zugleich deuteten beide Seiten aber an, dass sie zu ihren grundsätzlichen Positionen stehen und die Spielräume für Kompromisse daher begrenzt sind.

Die Republikaner haben bereits am Mittwoch eine Kommission gebildet, die eine Prioritätenliste für die kommenden Monate erarbeiten soll. Zu den Hauptzielen gehört es, Obamas historische Gesundheitsreform rückgängig zu machen: Der designierte republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner, bezeichnete sie am Mittwoch (Ortszeit) als „Monstrosität“. Obama selbst sagte, er sei offen für Modifizierungen, aber er machte zugleich klar, dass er nicht an eine größere Kurskorrektur denkt.

Auch das Ausland beobachtet genau, wohin die USA nach der Wahlschlappe für Obamas Demokraten steuern. So werden Rückschläge beim Bemühen um ein internationales Klimaschutz-Abkommen erwartet, weil Obama der Rückhalt daheim dafür fehlt. Bereits am Mittwoch hatte er eingeräumt, dass seine Pläne für ein umfassendes US-Gesetz mit strikten Obergrenzen für den Treibhausgasausstoß jetzt „tot“ sind.

Bei der Abrüstung und der Nahostpolitik muss Obama ebenfalls Druck von rechts befürchten, wie US-Regierungsbeamte der „Washington Post“ sagten. Demnach wird erwartet, dass die Republikaner auf einen stärker pro-israelischen Kurs dringen. Auch dürften sie eine etwaige Zustimmung zum START-Abrüstungsvertrag mit Moskau nun konkret mit Forderungen nach Geld für die Instandhaltung des verbleibenden US- Nuklearwaffenarsenals verknüpfen.

Zwar ist der Senat für die Ratifizierung des Abkommens zur Verringerung weitreichender Nuklearraketen zuständig, und hier sind die Demokraten weiter in der Mehrheit. „Aber die Republikaner werden nun auch in dieser Kammer selbstbewusster auftreten“, sagte ein Kommentator des Senders CNN. Obama äußerte sich am Donnerstag indes „hoffnungsvoll“, dass der START-Vertrag noch vor Jahresende gebilligt wird und „wir ein starkes Signal an Russland aussenden, dass wir es ernst meinen mit der Reduzierung der nuklearen Arsenale“.

Den ersten „Showdown“ wird es im Kongress um Steuererleichterungen aus der Bush-Ära geben. Sie laufen Ende des Jahres aus, wenn der Kongress untätig bleibt. Die Demokraten wollen sie für Bürger mit geringeren Einkommen und die Mittelklasse beibehalten, aber nicht für die Reichen. Die Republikaner bestehen darauf, dass auch Gutbetuchte weiter diese Wohltat genießen können: Es sei diese Gruppe, sagen sie, die ihr Geld am ehesten in die Wirtschaft pumpen werde. Experten gehen davon aus, dass die geschwächten Demokraten zu Konzessionen gezwungen sind.

Den Republikanern war bei der Kongresswahl am Dienstag der höchste Zugewinn einer Partei im Abgeordnetenhaus seit 1948 gelungen. Nach dem Stand vom Donnerstagvormittag (Ortszeit) legten sie um 60 Sitze zu. Sie kamen auf 239 Mandate, die Demokraten auf 186. Zehn Rennen waren noch unentschieden. Im Senat brachten es die Demokraten auf 52 Mandate unter Einschluss von 2 Unabhängigen, die mit ihnen eine Fraktionsgemeinschaft bilden. Die Republikaner erreichten 46 Mandate. Zwei Entscheidungen waren noch offen – in Alaska und im Staat Washington.