Zivilisten sollen in Sicherheit gebracht werden, doch ist zweifelhaft, ob dies tatsächlich geschieht. Rebellen-Hochburg weiter unter Beschuss.

Beirut. Für viele Menschen kommt diese Nachricht zu spät. Wieder gab es Tote in Homs, wieder waren etliche Zivilisten unter den Opfern, auch Kinder. Ihnen nützen die Bekenntnisse der syrischen Regierung um Herrscher Baschar al-Assad nichts mehr. Nach eigenen Angaben will die Regierung in Damaskus auf Forderungen der Uno eingehen und Zivilisten aus der Rebellenhochburg Homs in Sicherheit bringen. Der Leiter der Uno-Beobachtermission in Syrien, Generalmajor Robert Mood, hatte am Sonntag gefordert, dass die Konfliktparteien eine Evakuierung von Frauen, Kindern und Kranken aus der Stadt und anderen umkämpften Gebieten ermöglichen.

Das syrische Außenministerium erklärte nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, die Regierung habe bereits Vertreter der Vereinten Nationen und die Behörden in Homs kontaktiert, um die Evakuierung in die Wege zu leiten. Doch dann heißt es weiter: Die Bemühungen der Uno-Beobachter seien an den "bewaffneten Terroristen" gescheitert. Diese missbrauchten Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Das zumindest ist die Version der Regierung - und so bleiben Zweifel, ob nun wirklich Zivilisten gerettet werden.

+++ Hubschrauber-Lieferung an Syrien vor Schottland gestoppt +++

Andere Meldungen lassen die Hoffnung weiter schwinden: Schwerer Beschuss wurde gestern in den von Rebellen gehaltenen Bezirken Chaldije und Dschuret al-Schaje in Homs sowie nahe gelegenen Gebieten gemeldet. Aktivisten der Freien Syrischen Armee (FSA) berichten von Soldaten des Regimes, die von Hubschraubern aus der Luft unterstützt worden seien. Ortschaften wurden bombardiert, die von Rebellen kontrolliert werden.

Bereits am Montag waren nach Angaben der Regimegegner landesweit 71 Rebellen und unbeteiligte Zivilisten ums Leben gekommen. Andere Quellen berichten von 83 Toten. Auch hier waren die meisten Opfer im westsyrischen Homs zu beklagen, das seit zehn Tagen von den Streitkräften des Präsidenten belagert wird. Auch in der Nähe der Hauptstadt Damaskus gab es Tote.

Die schockierenden Bilder aus dem isolierten Syrien wollen nicht aufhören. Und so klammert sich die Weltgemeinschaft an jede Nachricht, die Frieden in Syrien verspricht: Auf dem G20-Gipfel in Mexiko näherten sich die USA und Russland an - und plädierten beide demonstrativ für einen politischen Prozess zur Beilegung des Syrien-Konflikts. US-Präsident Barack Obama erklärte nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, er stimme mit diesem darin überein, dass "wir ein Ende der Gewalt brauchen und einen politischen Prozess, um einen Bürgerkrieg zu verhindern". Die USA und Russland wollen mit anderen internationalen Akteuren, den Vereinten Nationen und allen interessierten Parteien auf eine Lösung des Syrien-Konflikts hinarbeiten, sagte Obama.

+++ Ist ein humanitärer Einsatz der Bundeswehr denkbar? +++

Putin erklärte, er und Obama seien sich bei vielen Fragen bezüglich Syriens einig. "Wir teilen die Überzeugung, dass das syrische Volk die Möglichkeit haben sollte, unabhängig und demokratisch über die eigene Zukunft zu entscheiden", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Der syrische Präsident Assad wurde in der Erklärung nicht explizit genannt. Zuletzt hatten die USA Russland immer wieder vorgeworfen, die Regierung in Damaskus zu stützen. Das Treffen mit Obama in Los Cabos war das erste seit Beginn der dritten Amtszeit Putins als Präsident.

Doch bei allen Bekenntnissen Putins zum Frieden in Syrien lassen andere Nachrichten Zweifel aufkommen an der Haltung Russlands. Ein russisches Schiff, das offenbar in Russland reparierte syrische Kampfhubschrauber zurückbringen sollte, wurde gestern von den britischen Behörden vor Schottland gestoppt. Das bestätigte das britische Außenministerium. Die britische Versicherungsgesellschaft Standard Club habe ihren Versicherungsschutz für das Schiff, das zur russischen Frachter-Linie Femco gehört, auf Geheiß der Regierung in London zurückgezogen.

+++ Drama in Homs: Beobachtermission der UN ausgesetzt +++

Nach Informationen des "Daily Telegraph" war das Schiff bereits zuvor von den niederländischen Behörden verfolgt worden. Die Lieferung von Waffen nach Syrien fällt unter das EU-Embargo, das gegen Syrien verhängt wurde. Der Waffentransport als solcher ist nicht berührt. Jedoch gelten die Sanktionen auch für Versicherungen. Standard Club musste handeln. Russland gilt als wichtiger Rüstungsexporteur des syrischen Regimes. Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) kaufte das Regime von Herrscher Assad seit 2008 knapp 80 Prozent seiner großen Waffenimporte von Russland - Raketen, Kampfjets und Luftabwehrsysteme.

Umstritten ist auch Deutschlands Rolle als Rüstungsexporteur. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hofft auf den Verkauf von 60 europäischen Kampfjets vom Typ Eurofighter in die Vereinigten Arabischen Emirate. "Die Gespräche sind vielversprechend", sagte er gestern bei seinem Besuch in der Hauptstadt Abu Dhabi. Gleichzeitig betonte er aber, dass er nicht als Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie in das Land gereist sei. Mit dem Außenminister vereinbarte de Maizière eine engere Kooperation im Rüstungsbereich. Die Emirate rüsten seit dem Angriff des Iraks auf Kuwait 1990 stark auf. Inzwischen gelten sie als einer der weltweit größten Importeure von Waffen. Das renommierte Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri führte sie 2006 bis 2010 an Nummer sechs - und Deutschland ist wichtiger Lieferant.