Die Dauerkrise in Athen zerrt an den Nerven. Die politische Führung steht unter enormen Druck. Die Bevölkerung ist aufgebracht, die europäischen Partner, allen voran Berlin und Paris, wollen Taten sehen. Dem Staatsoberhaupt ist der Kragen geplatzt.

Athen. In der Schuldenkrise liegen die Nerven blank, Athen fühlt sich von den Euroländern gegängelt. Griechenlands Präsident Karolos Papoulias hat nun Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble scharf attackiert. Der 82-Jährige empörte sich über die harte Haltung Deutschlands und anderer großer Geldgeber.

„Ich akzeptiere es als Grieche nicht, dass mein Land von Herrn Schäuble beleidigt wird“, polterte Papoulias. „Wer ist denn Herr Schäuble, der Griechenland beleidigen kann. Wer sind denn die Niederländer, wer sind die Finnen?“, fragte Papoulias erregt während eines Besuchs im Verteidigungsministerium. Zuletzt hatte Schäuble mehrfach betont, Griechenland dürfe kein Fass ohne Boden werden.

Unions-Politiker verwahrten sich gegen die Attacke: „Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Das ist ein neuer negativer Höhepunkt der Kritik an Deutschland und anderen stabilitätsorientierten Ländern in der Eurozone“, sagte CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach dem Sender N24.

„Das ist eine Unverschämtheit“, sagte Christian von Stetten, Chef des Wirtschaftsflügels in der Unions-Fraktion, der Tageszeitung „Die Welt“ am Donnerstag. „Der griechische Staatspräsident müsste wissen: Ohne Wolfgang Schäuble wäre Griechenland schon längst zahlungsunfähig“, betonte Stetten.

Der CDU-Finanzminister sei in seinem Engagement für Griechenland „an die Grenzen der physischen und psychischen Belastung gegangen, die sich ein Mensch überhaupt zumuten kann“, führte Stetten weiter aus. Es handele sich um einen „ungeheuerlichen Ausfall“ des griechischen Präsidenten Karolos Papoulias, sagte der CDU-Politiker.

Stetten warnte die Hellenen, es gebe eine Grenze dessen, was die deutsche Bevölkerung bereit ist, sich anzusehen und anzuhören. „An Nazi-Vergleiche in Zeitungen und brennende Deutschland-Fahnen haben wir uns gewöhnt. Beleidigungen von höchsten Regierungsstellen können wir aber nicht hinnehmen“. Der Wirtschaftspolitiker forderte von Präsident Papoulias eine „Klarstellung“ und zog einen direkten Zusammenhang zu der Gewährung künftiger Hilfen an das Land: „Zahlreiche Abgeordnete, die bisher zustimmen wollten, werden nun in sich gehen und neu darüber nachdenken, ob sie den EFSF-Rettungsschirm tatsächlich auf Griechenland ausdehnen wollen.“

Der Euro-Skeptiker der FDP, Frank Schäffler, äußerte dagegen ein gewisses Verständnis für die harsche Kritik des griechischen Staatspräsidenten. „Die Politik, die wir die letzten zwei Jahre machen, ist sehr oberlehrerhaft. Wir wollen die Griechen zu ihrem Glück zwingen. Aber sie müssen das am Ende selbst wollen und können. Und daran sieht man, dass eben diese Rettungsschirmpolitik nicht funktioniert“, sagte Schäffler dem Nachrichtensender N24 mit Blick auf die Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM.

Entscheidend sei, „dass Griechenland sich mit seinen Gläubigern zusammensetzen, über einen harten Schuldenschnitt verhandeln muss und aus der Eurozone austreten muss“. Das sei die einzige rechtsstaatliche und marktwirtschaftliche Alternative, erklärte Schäffler.

Mit Material von dpa/dapd