Der Iran hat die EU aufgefordert, ihr Embargo zu überdenken. Israel glaubt an Erfolg der Sanktionen. Westerwelle gegen Militärschlag.

Teheran. Der Iran kommt weiter keinen Schritt auf den Westen zu. Trotz des vollständigen Ölembargos will die Führung in Teheran keinen kompromiss bei seinem umstrittenen Atomprogramm eingehen. „Wir werden nicht von unserem nuklearen Kurs abrücken, selbst wenn wir nicht einen Tropfen Öl verkaufen können“, sagte Ölminister Rostam Kasemi am Samstag der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Stattdessen forderte er die Europäische Union auf, sie soll ihre Entscheidung für ein Ölembargo noch einmal überdenken. Sie sei unter dem Druck der USA in die Knie gegangen. Kasemi drohte, ohne das iranische Erdöl werde es an den internationalen Ölmärkten zu Turbulenzen kommen.

Israel ist dagegen überzeugt, dass rasch umgesetzte Sanktionen den Iran im Atomstreit zum Nachgeben zwingen werden. Der Iran werde sich bewegen, sagte der stellvertretende Außenminister Danny Ayalon am Rande der Sicherheitskonferenz in München. Daher müsse man auch nicht über eine Militäraktion gegen den Iran entscheiden. Ayalon sagte, er wolle nicht ins Detail gehen, denn er rechne nicht damit, dass eine solche Entscheidung nötig sein werde. „Wenn die Sanktionen tatsächlich jetzt umgesetzt werden und wenn die Iraner ihre illegalen Aktivitäten jetzt stoppen, dann werden wir wohl noch nicht einmal diese Frage diskutieren müssen.“

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Gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Focus“ trat Ayalon der Befürchtung vor einem Alleingang Israels entgegen. Falls ein Militärschlag nötig werde, sollte der Zeitpunkt vorzugsweise von der internationalen Gemeinschaft festgelegt werden. Ein Eingreifen sei beispielsweise geboten, wenn der Iran seine Atomanlagen zum Schutz vor Luftangriffen noch weiter unter die Erde bringen wolle.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle setzt weiter auf Sanktionen und nicht auf eine militärische Lösung. Deutschland werde sich auf internationaler Ebene um einen Erfolg der Sanktionen durch die Beteiligung weiterer Staaten bemühen, sagte Westerwelle. „Das ist der Weg, den wir gehen. Das ist der Weg, den wir auch mit unseren Partnern in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika verabredet haben.“

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Rund 25 Prozent der iranischen Ölexporte gehen in Länder der EU. Das von den Europäern beschlossene Embargo soll am 1. Juli in Kraft treten, um den Iran im Streit über dessen Atomprogramm zum Einlenken zu bewegen. Die USA haben ebenfalls eine ganze Reihe von Sanktionen gegen den Finanz- und Energiesektor des Irans erlassen. Viele Länder verdächtigen die Regierung in Teheran, heimlich an der Entwicklung einer Atombombe zu arbeiten. Der Iran bestreitet die Vorwürfe.

De Maizière: Auf den Iran statt auf Israel schauen

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat die Diskussion über einen möglichen Angriff Israels auf den Iran kritisiert. „Wir gucken in der Debatte im Moment zu viel auf Israel. Wir sollten mehr auf den Iran gucken“, sagte der CDU-Politiker am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. „Der Iran hat den Schlüssel in der Hand.“

Ein Bericht über angebliche israelische Überlegungen, den Iran schon im Frühjahr anzugreifen, hatte am Freitag international für Aufsehen gesorgt. De Maizière sagte, er sehe das Säbelrasseln im Streit über das iranische Atomprogramm eher auf der Seite Teherans. Er sei sich aber nicht ganz sicher, wie ernst das zu nehmen sei. Objektiv könne der Iran beispielsweise kein Interesse daran haben, die für den Öltransport so wichtige Meerenge von Hormus zwischen dem Iran und der Arabischen Halbinsel zu sperren.

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Die iranische Revolutionsgarde hat unterdessen ein Manöver in der Straße von Hormus begonnen. Die am Samstag gestartete Übung war schon seit Wochen geplant. Im Süden des Irans seien auch Bodentruppen im Manöver, meldeten iranische Staatsmedien. Ob sie an einer gemeinsamen oder einer separaten Übung teilnehmen, ließ der Bericht offen. Die Revolutionsgarde steht unter der direkten Kontrolle des geistlichen Führers Ayatollah Ali Chamenei und ist unter anderem für das Raketenprogramm des Landes verantwortlich.

Chamenei hatte in einer Fernsehansprache am Freitag vor ausländischen Angriffen auf die iranischen Atomanlagen gewarnt. Solche Angriffe würden den US-Interessen im Nahen Osten „zehn Mal mehr“ schaden als dem Iran, erklärte er. Chamenei sicherte allen Gegnern Israels die Unterstützung seines Landes zu. Für die vom Iran unterstützten Extremistengruppen wie der Hisbollah im Libanon war dies ein Zeichen dafür, dass sie im Falle eines israelischen Angriffs auf den Iran wohl grünes Licht aus Teheran für eigene Schläge gegen Israel erhalten werden.

Warnungen an die OPEC

Die offizielle israelische Politik ist derzeit aber allem Säbelrasseln zum Trotz, den von EU und USA beschlossenen Sanktionen Zeit zu geben, damit sie ihre Wirkung entfalten können. Allerdings sagte der iranische Ölminister Rostam Kassemi am Samstag, der Iran habe bereits Abnehmer identifiziert, die die EU-Staaten als Käufer iranischen Öls ersetzen könnten. Außerdem warnte Kassemi Saudi-Arabien und andere OPEC-Staaten davor, ihre Ölproduktion zu erhöhen, um den möglichen Ausfall iranischer Lieferungen aufzufangen. Das Kartell solle sich nicht als politische Waffe gegen einen Mitgliedsstaat benutzen lassen, sagte er. (reuters/dapd/dpa/abendblatt.de)