Wütende Demonstranten stürmten am Freitag die Steuerbehörde in Kairo und belagerten den zweiten Tag in Folge das Innenministerium.

Kairo/München. In Kairo haben sich Demonstranten und Sicherheitskräfte in der Nähe des Innenministeriums auch am Freitag heftige Auseinandersetzungen geliefert. Eine wütende Menge belagerte das Gebäude in der ägyptischen Hauptstadt. Augenzeugen und Rettungskräfte berichteten, in Kairo seien ein Demonstrant und ein Offizier der Armee getötet worden. In Suez kamen zwei Menschen ums Leben, als die Polizei scharf schoss, um die Menge daran zu hindern, in eine Polizeiwache einzudringen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden seit Beginn der Proteste am Donnerstag etwa 400 Menschen verletzt.

In Kairo warfen Demonstranten mit Steinen auf die Sicherheitskräfte. Diese setzten Tränengas ein. Doch der Wind trieb die Schwaden zurück in Richtung Polizei, und die Menge rief: „Gott ist der Größte!“ Tausende Demonstranten versammelten sich, und viele wurden noch im Zentrum der Hauptstadt erwartet: Fast 30 Jugendorganisationen und Parteien hatten zu einem „Freitag des Zorns“ aufgerufen.

+++Generäle im Zwielicht+++

+++"Ein böser Flaschengeist hat das Land in seiner Macht"+++

+++Bürgerkrieg im Fußballstadion+++

Aktivisten und Menschenrechtler machen die Militärs, die nach der Entmachtung von Präsident Husni Mubarak vor einem Jahr die Kontrolle übernommen hatten, für den Tod von 74 Menschen im Fußballstadion verantwortlich. Sie vermuten, dass die Krawalle auf dem Spielfeld von bezahlten Schlägertrupps provoziert wurden, um Chaos zu stiften. Der Polizei, die bei dem Spiel für Ordnung hätte sorgen sollen, werfen sie Untätigkeit vor.

In der rund 140 Kilometer entfernten Stadt Suez gab es ebenfalls erneut Krawalle. Nach Angaben der Zeitung „Al-Ahram“ wurden bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften mindestens 15 Menschen verletzt. An mehreren Orten sei Feuer ausgebrochen. In der Nacht war die Lage dort bereits einmal eskaliert: Zwei Menschen starben, etwa 30 wurden verletzt.

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen hatten Unbekannte in der Nacht ferner auf der Sinai-Halbinsel eine Polizeiwache mit Panzerfäusten, automatischen Waffen und schultergestützten Flugabwehrraketen angegriffen. Bewohner der Region vermuteten, dass es sich um einen Racheakt handelte. Am vergangenen Mittwoch waren an einer Straßensperre in dem Bezirk Nachel, in dem die Polizeistation liegt, zwei junge Männer erschossen worden.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich besorgt über die jüngsten Gewaltausbrüche. „Wir rufen in aller Form Ägypten dazu auf, die Umstände und die Hintergründe dieser Welle von Gewalt aufzuklären und auch die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte er in München. Der Fahrplan für den Demokratisierungsprozess in Ägypten, der Präsidentschaftswahlen Ende Juni vorsieht, müsse eingehalten werden.

Nach dem Drama von Port Said hatte die Polizei 53 Verdächtige festgenommen. Menschenrechtler sprachen am Freitag von „willkürlichen Festnahmen“. Viele der angeblichen Aufrührer seien unschuldige Jugendliche. Die Menschenrechtler forderten die Staatsanwaltschaft zudem auf, in dem gleichen Verfahren gegen den Vorsitzenden des Obersten Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, Innenminister Muhammed Ibrahim und Ministerpräsident Kamal al-Gansuri sowie fünf weitere Funktionäre zu ermitteln.

Mit Material von rtr und dpa