Die Spannung zwischen dem Iran und der USA nimmt weiter zu. Während Teheran vermeldet, es seien erfolgreich Langstrecken-Raketen in der Nähe der Straße von Hormus getestet worden, spricht sich US-Präsidentschaftsbewerber Rick Santorum für einen Angriff auf iranische Atom-Anlagen aus.

Teheran/Washington/Berlin. Schon sehr früh im Jahr deutet sich ein Konfliktfeld an, dass die Politik 2012 wohl länger beschäftigen wird: Der Iran und sein umstrittenes Atomprogramm. Auf der einen Seite steht der Iran auf der anderen Seite stehen die USA. Die Spannung zwischen den zwei Ländern nimmt zu. Während Teheran vermeldet, dass erfolgreich Langstrecken-Raketen in der Nähe der Straße von Hormus getestet worden seien, hat sich US-Präsidentschaftsbewerber Rick Santorum zum Konflikt geäußert. Der Republikaner fordert eine kompromisslose Linie. Santorum verkündete, falls er zum Präsidenten gewählt werden sollte, werde er die iranischen Atomanlagen bombardieren lassen, sofern sie nicht für internationale Inspektoren geöffnet oder abgebaut würden. Seiner Ansicht nach, habe Amtsinhaber Barack Obama nicht genug dafür getan, die Iraner am Bau einer Atombombe zu hindern und die USA in einen Papiertiger verwandelt, so Santorum in einer Sendung des US-Senders NBC. Wie sein Vorgänger George W. Bush setzte Obama vor allem auf diplomatischen und wirtschaftlichen Druck, um den Iran zur Aufgabe seines Atomprogramms zu drängen.

Am Montag meldete dann der Iran, es habe eine Militärübung in internationalem Gewässer gegeben. Es sei eine neue Boden-Boden-Rakete nahe der strategisch wichtigen Straße von Hormus getestet worden. Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA meldete am Montag, die Waffe namens "Kader“ sei eine Fortentwicklung einer früheren Version. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt. Eine frühere Version der "Ghader“ verfügte über eine Reichweite von rund 200 Kilometern. Bereits am Wochenende hatte die iranische Marine im Rahmen des Manövers den Test einer Boden-Luft-Rakete gemeldet. Zum Abschluss der Seemanöver sollen noch der Marschflugkörper "Noor“ und die ballistische Rakete "Nassr“ erprobt werden. Die "Kader“ hat eine Reichweite von 200 Kilometern und kann sehr niedrig fliegen. Sie wird von Schiffen und Einrichtungen an Land abgefeuert. Der stellvertretende Marine-Befehlshaber Mahmud Mussawi sagte iranischen Medien zufolge, die Reichweite sei zu einer "Langstreckenrakete“ erweitert worden. Von Langstreckenraketen spricht man aber erst ab einer Reichweite von 3500 Kilometern.

Knickt Obama im Machtkampf gegen Ahmadinedschad ein?

Diese letzte Phase seines Manövers hat der Iran "Stärke“ genannt. Und die will der Gottesstaat den Weltmächten auch in der jetzigen Krise vermitteln. "Einschüchtern kann uns keiner, wir werden nicht einen Zentimeter kürzer treten“, sagt Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

Der Iran kann die von den USA gesetzlich beschlossenen neuen Sanktionen gegen die iranische Zentralbank, die auch den Ölexport und damit das Haupteinkommen des Landes betreffen, einfach nicht ignorieren. Genauso wenig die milliardenschweren Waffendeals der USA mit den Golfstaaten Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate, die derzeit nur einen einzigen Grund haben können: den Iran.

"Wir wollen die für Öltransporte wichtige Meerenge von Hormus nicht blockieren, sollten aber unsere Interessen dort gefährdet werden, würden auch die Interessen anderer Staaten (am Golf) gefährdet“, sagt der Marine-Vizekommandeur Mahmud Mussawi.

+++ Irans Testraketen können US-Basen erreichen +++

Die Straße von Hormus am Persischen Golf bietet Teheran derzeit das effektivste Druckmittel. Eine Blockade könnte 40 Prozent des globalen Seetransports von Erdöl gefährden. Zur Drohkulisse gehören Marschflugkörper und ballistische Raketen, die nach iranischen Angaben derzeit im Manöver erfolgreich getestet wurden. Dazu wird propagandawirksam behauptet, die Reichweite der Lenkwaffen seien vergrößert worden.

All dies würde es nicht geben, wäre da nicht der Streit um das iranische Atomprogramm. Die Weltmächte wollen eine Einstellung der Urananreicherung im Iran, Teheran lehnt dies ab und will stattdessen internationale Anerkennung für sein Atomprogramm, einschließlich der Urananreicherung. Das lehnen die Weltmächte ab, weil sie die Urananreicherung als Vorstufe zur Fertigung von Kernwaffen ansehen.

"Der Iran weiß, dass man in den Atomverhandlungen auf keine Kompromisse eingehen kann, daher will das Land durch militärische Stärke und Weiterentwicklung des nuklearen Know-hows die andere Seite zu Kompromissen zwingen“, sagt ein Politologe in Teheran. Der Iran hat auch schon den nächsten nukleartechnischen Durchbruch verkündet. Iranischen Wissenschaftlern soll es gelungen sein, einen eigenen Kernbrennstab zu produzieren und in einem Forschungsreaktor in Teheran einzusetzen.

Diese Kernbrennstäbe brauchen bis zu 20 Prozent angereichertes Uran, was Iran derzeit angeblich ohne weitere Mühe produzieren kann. „Wir wollen das ja alles nicht, aber wenn es keine internationale Zusammenarbeit gibt, dann machen wir es halt selber“, sagt Außenminister Ali-Akbar Salehi. Die Weltmächte hatten vorgeschlagen, dass Russland und Frankreich iranisches Uran auf 20 Prozent anreichern und zu Kernbrennstäben verarbeiten. Aber bisher kam es darüber zu keiner Einigung. „Wir hören aber damit sofort auf, sobald wir sie vom Ausland bekommen“, verspricht Ahmadinedschad.

Allmählich wird das Säbelrasseln auch für die Menschen im Iran Grund zur Sorge. "Diesmal scheint es ernst zu sein“, sagt Mohsen S., ein Student in Teheran. Für den pensionierten Bankier Kazem M. sind US-Sanktionen gegen die Zentralbank, Ölembargo und Hormus-Blockade neue und gefährliche Dimensionen. "Ich bin ja immer Optimist gewesen, aber diesmal riecht es nach Ärger“, sagt er pessimistisch.

Teheran hatte in den vergangenen Tagen mit einer Blockade der Straße von Hormus für den Fall gedroht, dass seine Ölausfuhren durch Sanktionen blockiert würden. Die USA haben ein Gesetz beschlossen, das Sanktionen gegen die iranische Zentralbank vorsieht, über die der Ölhandel abgewickelt wird. Ziel ist es, Teheran zur Aufgabe der Urananreicherung zu bewegen. Durch die Meerenge von Hormus werden rund 40 Prozent der weltweiten Seetransporte von Rohöl abgewickelt. Die USA wollen den Seeweg mit Hilfe ihre Flotte offenhalten.

Von Farshid Motahari mit dapd/rtr