Westliche Medien durften nicht aus der Stadt Ghom berichten, doch die Oppositionellen nutzten dazu ihre Handys.

Hamburg/Ghom. Seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Juni dieses Jahres und den ihr folgenden blutigen Protesten gegen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad verharrt die iranische Opposition weitgehend in einer Art Duldungsstarre. Das Regime hat viele seiner Gegner eingesperrt, einige hinrichten lassen und selbst prominenten Oppositionellen mit der Todesstrafe gedroht.

Die Gegner von Ahmadinedschad versuchen jede Gelegenheit zu legalen Versammlungen zu nutzen, um ihre Wut auf die Straße zu tragen. Eine solche Chance bot sich gestern - die Beisetzung des im Volk hoch angesehenen Großajatollahs Hussein Ali Montaseri. Der im Alter von 87 Jahren in der den Schiiten heiligen Stadt Ghom verstorbene Montaseri hatte sich von einem glühenden Anhänger des Revolutionsführers Ajatollah Ruhollah Khomeini zu einem Regimekritiker gewandelt und dafür mit zehn Jahren Hausarrest sowie Ächtung durch den Staat bezahlt. Immer wieder warf Montaseri dem Staatschef vor, eine Diktatur errichtet zu haben.

Seine Beerdigung in Ghom, dem Theologie-Zentrum 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran, wurde von Montaseris Anhängern zu einer riesigen Protestkundgebung umfunktioniert. Mindestens Zehntausende Menschen, nach anderen Berichten sogar Hunderttausende nahmen an der Feier teil. Die Sicherheitskräfte waren vorsorglich in Alarmbereitschaft versetzt worden und in großer Zahl präsent. Trotz scharfer Sicherheitsmaßnahmen kam es nach Berichten von Augenzeugen zu heftigen Zusammenstößen mit den Teilnehmern der Beisetzung. Immer wieder hallte der Ruf "Tod dem Diktator" durch die Straßen - der einst dem Schah gegolten hatte, aber längst auf den erzkonservativen Präsidenten Ahmadinedschad gemünzt ist. Inmitten der Menge sollen auch Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi und der ebenfalls sehr prominente Oppositionelle Mehdi Karrubi gesehen worden sein. Der Leichnam Montaseris wurde mehrmals an den heiligen Stätten Ghoms, wo der Großajatollah gelebt hatte, vorbeigetragen und anschließend zum Friedhof gebracht. Im Internet war zu verfolgen, wie sich männliche Trauernde immer wieder auf die Brust schlugen und riefen: "Unterdrückter Montaseri - du bist jetzt bei Gott!" Frauen schrien: "Montaseri, der du die Wahrheit gesagt hast - wie werden deinem Pfad folgen!"

Die iranische Webseite "Rahesabs" berichtete von Zusammenstößen zwischen Montaseri-Anhängern und Mitgliedern der regierungsnahen Miliz Ansar Hisbollah. Die Milizionäre hätten versucht, Unruhe in den Trauerzug zu bringen und mit Megafonen die Sprechchöre der Trauernden zu stören. Dies habe "Konfrontationen" ausgelöst. Regierungstreue Basidsch-Milizen hätten zudem an Montaseris Haus die Trauerfahnen heruntergerissen.

Ausländischen Medien war verboten worden, über die Beisetzung zu berichten, so waren die Medien auf Handy-Botschaften und Videos angewiesen, die ins Internet gestellt wurden. Internet und Handy-Netz arbeiteten allerdings spürbar langsamer als sonst, offenbar hatten die Behörden - wie schon in der Vergangenheit - diese Übertragungswege behindert.

Unterdessen verboten die Behörden eine weitere Reformzeitung. Das Blatt "Andischehe No" (Neue Gedanken) wurde wegen "Verstoßes gegen die Pressebestimmungen" eingestellt. Zudem wurde die den Regimegegnern nahestehende Nachrichtenagentur Ilna davor gewarnt, über die Opposition und ihren Führer Mussawi zu berichten.