US-Präsident Barack Obama handelt Kompromiss aus. Umweltverbände reagieren enttäuscht auf das Ergebnis.

Kopenhagen. Am offiziell letzten Tag des Weltklimagipfels in Kopenhagen mussten die Staats- und Regierungschefs am Freitagabend eine zweite Verhandlungsnacht einlegen. Eine Kerngruppe aus 30 Staaten - darunter die USA, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland - erarbeitete bis in die Nacht hinein ein Abschlussdokument, das aber nur zu einem Minimal-Kompromiss geriet. Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg: "Was jetzt erreicht wurde, ist besser als gar kein Klimavertrag."

Das Abschlussdokument soll die Grundlage sein für ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen, das nun innerhalb von sechs Monaten erarbeitet werden soll. Ursprünglich war geplant, bereits in Kopenhagen ein Folgeabkommen zum 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll zu vereinbaren. Der jetzt vorgelegte Kompromiss enthält jedoch wachsweiche Formulierungen. "Die Zwei-Grad-Celsius-Gefahrengrenze für die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert wird nur zur Kenntnis genommen, aber nicht als Ziel beschlossen", kritisierte Martin Kaiser, Klimaexperte von Greenpeace. Der politische Chef von Germanwatch, Christoph Bals: "Die Substanz ist erbärmlich schwach."

Noch in der Freitagnacht sollte das Papier dem Gipfel-Plenum vorgelegt werden, in dem 193 Staaten jedem einzelnen Punkt zustimmen müssen. Die drei Kernpunkte des Deals seien die Reduzierung von Emissionen, Transparenz und Finanzierung. "Zum ersten Mal in der Geschichte sind alle großen Wirtschaftsnationen zusammengekommen und haben die Verantwortung dafür übernommen, etwas gegen den Klimawandel zu tun", sagte US-Präsident Barack Obama. Er habe sich mit Vertretern aus Indien, China, Brasilien und Südafrika getroffen, und die Staaten hätten "zugesagt, den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen". Dies sei allerdings nicht verbindlich festgelegt worden. Obamas Auftritt hatte zunächst keine neuen Zugeständnisse gebracht, wohl aber die Bedeutung des Gipfels unterstrichen. "Ich glaube, dass wir angesichts der Bedrohung, die uns alle angeht, kühn und entschlossen handeln können. Deshalb bin ich heute hierhergekommen. Nicht um zu reden, sondern um zu handeln." Noch am Freitagmorgen stand der Gipfel vor dem Scheitern - bis Obama sich direkt mit Chinas Premier Wen Jiabao und Indiens Premierminister Manmohan Singh traf und die beiden zumindest teilweise einer internationalen Überprüfung ihrer künftigen Klimaschutzprogramme zustimmten. Dagegen hatten sich beide Länder lange gesträubt. Jiabao stellte sogar in Aussicht, China könne bis 2020 mehr Energie und damit CO2 einsparen als bisher zugesagt. "Wir werden unser Wort mit echten Maßnahmen unterlegen", sagte er. Laut Weltklimarat wäre eine über zwei Grad Celsius hinausgehende Erwärmung der Erde katastrophal für Mensch und Natur. Die Zahl der bis zum Schlusstag ungeklärten Punkte und die lange Zeit, in der auf dem Gipfel lediglich Verfahrensfragen geklärt wurden, war einmalig selbst in den 15 Jahren der Uno-Klimakonferenzen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen sagte, der Klimagipfel habe nicht das Ergebnis gebracht, welches sich die Bundesregierung und ihre europäischen Partner erhofft hätten. "Aber wir können das Problem nicht alleine lösen", sagte er in der ARD. "Wir brauchen die großen Emissionsländer USA und China, und darum muss man Kompromisse machen, auch wenn sie wehtun. Das will ich gar nicht verbergen."

BUND-Vorsitzender Hubert Weiger: "Die Welt wurde bitter enttäuscht." Es sei eine Bankrotterklärung der Staats- und Regierungschefs, dass nach jahrelangen Vorverhandlungen am Ende der Kopenhagen-Konferenz keine ausreichenden Beschlüsse stünden, die der Dramatik des Klimawandels angemessen seien. "Das Ergebnis ist eine Ohrfeige für das Weltklima."