Sie fühlen sich nicht ernst genommen. Die Deutschen sind ratlos, was sie selbst gegen den Klimawandel tun können.

Kopenhagen. Es war eine kritische Situation, die die Veranstalter des Weltklimagipfels gestern zu überstehen hatten. Die afrikanischen Delegationen fühlten sich nicht ernst genommen und verließen die Verhandlungen. Auch die Inder und Chinesen, von deren Klimaschutzbemühungen viel abhängt, hatten sich nach verschiedenen Berichten zwischenzeitlich empört zurückgezogen.

"Die Unsicherheit über die Zukunft des Kyoto-Protokolls verursacht viel Misstrauen und Verstimmungen bei den Verhandlungen", sagte Kim Carstensen von der Umweltstiftung WWF. Die Entwicklungsorganisation Oxfam erklärte zum vorübergehenden Verhandlungsabbruch: "Afrika hat die Notbremse gezogen." Neben den formellen Verhandlungen im Plenum auf Beamtenebene führte Gastgeberin Connie Hedegaard parallel informelle Gespräche der Umweltminister fort. Verhandlungsleiter der Ministerrunde seien der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sowie sein indonesischer Amtskollege Sarwono Kusumaatmadja. Es geht darum, um welche Menge die Industrienationen ihre Treibhausgase reduzieren wollen.

Unterstützung erhielten die Entwicklungsländer vom russischen Präsidenten Dmitri Medwedew. Er forderte vor seiner Teilnahme am Klimagipfel mehr Rücksicht auf die Situation in diesen Ländern. Neue Klimaziele müssten die unterschiedlichen Bedingungen in jungen Industrienationen berücksichtigen, sagte Medwedew. Die Verpflichtungen dürften den "jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten und Prioritäten eines Landes" nicht zuwiderlaufen. Der Kremlchef bekräftigte, dass Russland seinen Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent reduzieren wolle.

Uno-Klimachef Yvo de Boer bestritt, dass es eine Blockade der Gespräche gebe, und verglich die Verhandlungen mit einer Bergbesteigung. Man sei nun auf halber Höhe, sagte de Boer. Er fügte ironisch hinzu: Nun warte man auf die Seilbahn für den Rest der Reise, der "schnell, reibungslos und entspannend" sein werde. Umweltminister Röttgen erklärte: "Ich glaube, dass ohne jede Frage zwei Länder - zwei Regierungs- und Staatschefs - eine besondere strategische Position haben, das sind die USA und China." China und die USA stünden für 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Die USA sind zu einer Reduzierung von 17 Prozent gegenüber 2005 bereit, was einer Reduzierung von etwa vier Prozent gegenüber dem von der EU verwendeten Referenzjahr 1990 entspricht. Die EU will ihren Ausstoß in diesem Zeitraum um 20 bis 30 Prozent verringern.

Unter den am Wochenende festgenommenen 1243 Demonstranten waren 335 Deutsche. Die Deutschen stellten laut dänischer Polizei die am stärksten vertretene Nationalität vor den Dänen mit 287 und Schweden mit 245 Festgenommenen. Vier Deutsche wurden ausgewiesen. Die Deutschen sind nach einer Untersuchung der Universität Marburg sehr klimabewusst, wissen aber nicht, was sie eigentlich gegen den Klimawandel selbst tun können. "Ein Vergleich mit den anderen Ländern der EU zeigt, dass Deutschland in puncto Einstellungen tatsächlich in der europäischen Spitzengruppe liegt", sagte der Marburger Forscher Udo Kuckartz, "aber in puncto Handeln sieht es weit weniger positiv aus." Eine Studie der EU-Kommission habe ergeben, dass 41 Prozent aller Deutschen den Klimawandel nicht persönlich bekämpfen würden, weil sie nicht wüssten, was sie unternehmen sollten. 30 Prozent meinten, eine Änderung ihres Verhaltens habe keinen Einfluss auf den Klimawandel.