Jerusalem. Als die Empörung immer weiter wuchs und Justizminister Jaakov Neeman langsam klar geworden sein musste, dass er da einen sehr dummen Fehler begangen hatte, wollte er auf einmal nicht mehr gemeint haben, was er gesagt hatte. In sehr deutlichen Worten, die wenig Interpretationsspielraum lassen, hatte Neeman auf einer Rabbinerkonferenz gefordert, die Gesetze der Thora sollten im Staat Israel die verbindlichen Gesetze sein. Ein solcher Wandel müsse allerdings "Schritt für Schritt" umgesetzt werden. Von den Rabbinern erntete er Beifall. Doch am nächsten Morgen sah sich der nationalreligiöse Minister von allen Seiten Rücktrittsforderungen ausgesetzt.

Er habe keineswegs gemeint, die religiöse Gesetzgebung solle eines Tages die Gesetze des Staates ersetzen, bemühte er sich in der Knesset um eine Klarstellung. Er habe nur ganz allgemein die Bedeutung der religiösen Gerichtsbarkeit hervorheben wollen. Es sei für ihn schwer zu ertragen, was ihm nun in den Mund gelegt werde.

Tatsächlich träumt Jaakov Neeman wohl nicht heimlich von einer jüdischen Theokratie in Israel. Wahrscheinlicher ist, dass dem tiefreligiösen Mann viel an der Zustimmung der Rabbiner lag und er ihnen deshalb nach dem Mund geredet hat ohne den vorhersehbaren Sturm der Entrüstung zu antizipieren. Oppositionsführerin Zipi Livni sagte, Neemans Äußerungen müssten Besorgnis bei jedem Bürger Israels auslösen, der die Demokratie wertschätze. Jaakov Edri, Abgeordneter der in der politischen Mitte angesiedelten Kadima-Partei, forderte einen Rücktritt Neemans. Der Abgeordnete der linken Meretz-Partei, Chaim Oron, sieht gar einen Schritt zur "Talibanisierung" des Landes.