Istanbul/Damaskus. Aus Protest gegen das Schweizer Bauverbot für Minarette haben die Türkei und Syrien Muslime in aller Welt aufgerufen, ihr Geld aus dem Land abzuziehen. Der türkische Bankensektor sei für Geldanlagen offen, zitierten türkische Zeitungen gestern Europaminister Egemen Bagis. "Ich bin sicher, dass unsere muslimischen Brüder, die Geld auf Schweizer Banken haben, ihre Entscheidung überdenken werden." Auch die Führung der syrischen Republik, die ebenso wie die Türkei ein säkularer Staat ist, rief zu einer Kampagne gegen die Schweiz auf. Samira al-Masalme, die Chefredakteurin der regierungsnahen syrischen Tageszeitung "Teshreen", forderte einen arabischen Boykott Schweizer Waren. Die Schweizer Industrie exportiere viel in islamische und arabische Länder, "ein Boykott hätte daher spürbare Auswirkungen", erklärte sie.

Die Türkei hatte das Bauverbot, das in der Schweiz am vergangenen Sonntag durch eine Volksabstimmung beschlossen wurde, bereits zuvor scharf kritisiert. Die arabischen Staaten reagierten wegen der Ferien zum islamischen Opferfest erst später auf die Abstimmung.

In der Schweiz selbst reibt sich die Regierung nach der überraschenden Mehrheit für das Minarettverbot noch immer verwundert die Augen. Sie habe die Ängste der Bevölkerung vor dem Unbekannten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterschätzt, sagte die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey der Wochenzeitung "Die Zeit". Völlig unklar ist noch, ob das Minarett-Verbot vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand haben würde.

Unterdessen denkt Bundesinnenminister Thomas de Maizière darüber nach, radikale Imame aus Deutschland auszuweisen. Man könne sich die Frage stellen: "Muss ich vielleicht einmal einen Imam ausweisen, aber dafür andere ausbilden?"