Brüssel. Der Ruf nach mehr Frauen in europäischen Führungspositionen wird lauter. EU-Parlamentarierinnen der größten Parteien drohten mit einem fraktionsübergreifenden Aufstand, falls der neuen EU-Kommission weniger als acht Frauen angehören sollten. Sie forderten zudem, auf dem Sondergipfel sollte morgen entweder eine EU-Ratspräsidentin oder eine Außenpolitikchefin berufen werden.

Die stellvertretende EU-Parlamentspräsidentin Rodi Kratsa-Tsagaropoulou empfahl die ehemalige lettische Staatschefin Vaira Vike-Freiberga als künftige EU-Ratspräsidentin. Auch das frühere irische Staatsoberhaupt Mary Robinson und die finnische Präsidentin Tarja Halonen sind als Bewerberinnen genannt worden. Die beiden Sozialdemokratinnen haben aber das Pech, dass ihre Parteifamilie anstelle des Ratsvorsitzes lieber das Amt des oder der EU-Außenbeauftragten besetzen will. Auch hierfür stünden aber mindestens zwei Parteifreundinnen zur Verfügung: die britische Handelskommissarin Catherine Ashton und die französische Sozialistin Elizabeth Guigou.

Während über den Ratspräsidenten allein die EU-Staats- und Regierungschefs entscheiden, muss der Außenpolitikchef als Teil der EU-Kommission vom Parlament bestätigt werden. Führende EU-Parlamentarierinnen warnten, sie würden auf eine Ablehnung der Kommission hinwirken, falls der Frauenanteil unter ein Drittel sinken sollte. Bislang haben nur drei der 27 EU-Regierungen Kandidatinnen vorgeschlagen. Über die endgültige Zusammenstellung des Kommissions-Kollegiums wird voraussichtlich nächste Woche entschieden. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms forderte, EU-Kommissionspräsident Barroso müsse die Regierungen um neue Personal-Vorschläge bitten. Dies würde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel Gelegenheit geben, die Entsendung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger nach Brüssel zu überdenken.