New York. Nun kommen sie tatsächlich noch an den Ort, an dem sie das Grauen verbreiteten. Die fünf mutmaßlichen Hauptdrahtzieher der Terroranschläge des 11. September 2001 auf das World Trade Center sollen aus dem Gefangenenlager Guantánamo Bay nach New York verlegt und vor ein ziviles Gericht gestellt werden. Das hat das US-Justizministerium entschieden und einen weiteren großen Schritt zur Auflösung des Gefangenenlagers vollzogen. Erstmals gibt es damit die Chance, mit diesen Prozessen in der Öffentlichkeit die Planung um die Terroranschläge, aber auch die Foltervorwürfe gegen den US-Geheimdienst CIA im Umgang mit den Verdächtigen zu klären.

Zu den fünf Angeklagten, die nun verlegt werden sollen, zählen Khalid Scheich Mohammed, die ehemalige Nummer drei im Terrornetzwerk al-Qaida, und Ramzi Binalshibh, Logistiker und Chefplaner der Anschläge. Beide sollen eng mit den Terrorpiloten, die sich von Hamburg aus auf die Anschläge vorbereiteten, verflochten gewesen sein. Binalshibh löste im Februar 2001 unter anderem die Wohnung an der Marienstraße in Hamburg-Harburg auf, in der die Terrorpiloten Mohammed Atta, Ziad Jarrah und Marwan al-Shehhi sich trafen und teilweise auch wohnten. Binal shibh selbst war ursprünglich auch als Terrorpilot vorgesehen, erhielt aber kein Visum für die USA. Binalshibh und Scheich Mohammed wurden 2003 und 2002 beide in Pakistan gefasst und später in Guantánamo inhaftiert.

Der Prozess vor dem Militärtribunal begann dort im Juni 2008, wurde aber unterbrochen, weil die neue US-Regierung unter Barack Obama dies überprüfen wollte. Vor dem Zivilgericht würden sie behandelt, wie alle anderen Angeklagten auch, sagte Obama gestern. Das amerikanische Volk bestehe auf einem höchst korrekten Verfahren und seine Regierung auch.

Scheich Mohammed soll während der Verhöre gefoltert worden sein. Er soll die gesamte Planung der Terroranschläge gestanden und sich als engsten Vertrauten von Osama Bin Laden dargestellt haben. Neben ihm und Binalshibh erwartet auch Mohammeds Neffe Ali Abdul-Aziz Ali und Mustafa al-Hawsawi, die angeblich Geld für die Terrorpiloten beschafften, und Walid Bin Attash, der den Anschlag auf das US-Kriegsschiff "USS Cole" im Jahr 2000 geplant haben soll, ein ziviles Gerichtsverfahren.

Weil bislang formal keine Anklage gegen die meisten Häftlinge erhoben wurde, dürfte sich ihr Transfer in die USA über Wochen hinziehen. Bis Montag muss die Regierung entscheiden, wie gegen die zehn Gefangenen weiter vorgegangen werden soll, für die ein Verfahren vor Militärtribunalen vorgesehen ist. Für einen Militäranwalt der Angeklagten ist der zivile Gerichtsprozess ein "Albtraum" für die Sicherheit. Auch warnte er vor dem Problem vorbelasteter Geschworener: Diese könnten eher als Militärrichter dazu neigen, Todesurteile zu fällen und den Angeklagten damit den Wunsch nach einem "Märtyrertod" zu erfüllen.