Washington. Zwei Triumphe von Republikanern in Gouverneurswahlen haben dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama ein Jahr nach seinem spektakulärem Sieg einen ernüchternden Zwischenbescheid erteilt. Die starke Mobilisierung der republikanischen Basis, mäßige Motivation der Demokraten und eine für Obama alarmierende Abwendung unabhängiger und älterer Wähler kennzeichnen sein Dilemma. Die Erfolge der Republikaner sind zwar laut Umfragen vor allem regionalen Entscheidungen geschuldet und gelten (noch) nicht als Misstrauensvotum gegen den Präsidenten selbst. Wohl aber sind sie ein Zeichen wachsenden Missvergnügens mit Obamas zaudernder Politik.

In New Jersey, einem seit zwölf Jahren von Demokraten geführten Staat, unterlag der unpopuläre Gouverneur Jon Corzine seinem Herausforderer Christopher Christie. In Virginia, das Obama im Vorjahr als erster Präsidentschaftskandidat der Demokraten seit 1964 erobert hatte, lähmte Gleichgültigkeit die Wähler. Der demokratische Bewerber Craig Deeds galt als uncharismatisch. Er hatte versucht, im konservativen Süden des Staates durch eine fast brüskierende Distanzierung von Präsident Obama Punkte zu machen. Deeds wurde deutlich von dem Republikaner Robert McDonnel geschlagen, einem Mitglied erzkonservativer, evangelikaler Zirkel.

Politische Beobachter hatten das erwartet: Die Wählerschaft aus jungen Schwarzen und Wechselwählern, das den Demokraten die Kongressmehrheit und die Präsidentschaft gesichert hatte, werde zerfallen, wenn nicht Obama selbst auf dem Stimmzettel stehe, hatten sie prognostiziert.

Nicht weniger bedeutsam ist die massenweise Rückkehr des zornigen Anti-Establishment-Wählers, der angewidert von den Missbräuchen in Washington in den Sammlungsbewegungen rechtspopulistischer Talkshow-Stars wie Rush Limbaugh und Glenn Beck seine Heimat sucht.

Dieses Milieu, um das am erfolgreichsten die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin wirbt, bedroht die führungslosen Republikaner kaum weniger als die Demokraten. Im 23. Kongressbezirk des Staates New York, einer konservativen Hochburg, zwangen Tage vor der Wahl wütende Aktivisten die republikanische Kandidatin, die ihnen zu liberal schien, zum Verzicht - und verhalfen so dem Demokraten Bill Owens zu einem Überraschungssieg. In New York City verblüffte Michael Bloomberg, der mit Verfahrenstricks und Mitteln aus seinem Milliardenvermögen die dritte Bewerbung als Bürgermeister durchgesetzt hatte, nur mit der Glanzlosigkeit seines Sieges. Er gewann mit 51 Prozent der Stimmen nur knapp vor einem weithin unbekannten Gegenkandidaten

Kein Präsident seit John J. Kennedy wurde von mehr Hoffnungen und gutem Willen für einen Wandel zum Sieg getragen als Barack Obama. Doch ein Jahr vor den Zwischenwahlen des Kongresses ist die Bilanz seiner eingelösten Versprechen, von der Schließung des Lagers in Guantánamo bis zum Rückzug aus dem Irak, recht schwach. Wähler, die mit stürzenden Hauspreisen und gefährdeten Jobs ringen, hören erbost, wie die Wall Street, mit Steuermilliarden alimentiert, ein Jahr nach ihrem Beinahekollaps in alte Zocker-Gewohnheiten zurückfällt. Die Arbeitslosenquote wird dieser Tage zehn Prozent erreichen. Und die Gesundheitsreform, Obamas ehrgeizigstes Projekt, wird weit dürftiger ausfallen als gedacht. Wenn sie in diesem Jahr überhaupt noch durchkommt. Die Schwäche von Obamas Demokraten ist die Stärke der Republikaner.