Zwei Monate nach dem Tod ihres Anführers haben die Taliban in Pakistan ihre Schlagkraft mit einem beispiellosen Angriff unter Beweis gestellt. Kämpfer attackierten das Armee-Hauptquartier der Atommacht.

Islamabad. Nach Angaben des Militärs wurden 20 Menschen getötet.

Die Angreifer, die Armeeuniformen trugen, waren in einem Minibus mit gefälschten Militärkennzeichen auf die Basis zugefahren. Am äußeren Sicherheitsring eröffneten sie das Feuer und warfen Handgranaten. Dabei kamen am Sonnabend zunächst fünf Aufständische und sechs Soldaten ums Leben. Die Angreifer verschanzten sich dann mit rund 40 Geiseln in einem Gebäude am Rand des schwer bewachten Hauptquartiers in der Garnisonsstadt Rawalpindi bei Islamabad. Soldaten einer Elite-Einheit stürmten gestern das Gebäude und befreiten 39 Geiseln. Bei der Kommandooperation starben nach Armeeangaben drei Geiseln, zwei Angehörige der Spezialeinheit und vier der Geiselnehmer. Insgesamt dauerten die Gefechte 22 Stunden an. Ein Armeesprecher teilte mit, der Anführer der Extremisten, Aqeel alias Dr. Usman, sei verwundet gefangen genommen worden. Er habe den Soldaten bis zuletzt Widerstand geleistet und schließlich einen Sprengsatz gezündet. Dabei seien Aqeel sowie fünf Soldaten der Spezialeinheit schwer verletzt worden. "Durch Gottes Gnade ist die Operation erfolgreich abgeschlossen worden", sagte der Sprecher weiter.

Die pakistanischen Taliban hatten Rache für den Tod ihres Anführers Baitullah Mehsud geschworen, der im August bei einem US-Raketenangriff in Süd-Waziristan nahe der afghanischen Grenze getötet worden war. Die Taliban bekannten sich inzwischen zu dem ersten Angriff auf das Hauptquartier der Streitkräfte in der Geschichte des Landes.

Ein Mitarbeiter des Geheimdienstes, der anonym bleiben wollte, sagte über den gefassten Anführer der Angreifer: "Er (Aqeel) ist einer der gefährlichsten Terroristen und hat Verbindungen zu (dem Terrornetz) al-Qaida." Aqeel sei der mutmaßliche Drahtzieher des Angriffs auf Sri Lankas Kricket-Nationalmannschaft im vergangenen März in der ostpakistanischen Stadt Lahore gewesen, bei dem mehrere Spieler verletzt und sechs Polizisten getötet worden waren. Er werde außerdem verdächtigt, an einem Anschlag auf den damaligen Präsidenten Pervez Musharraf im Juli 2007 beteiligt gewesen zu sein.

Der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari beglückwünschte die Streitkräfte am Sonntag zu der Operation gegen die Terroristen. Die ganze Nation stehe hinter den Truppen. Der Angriff auf das Armee-Hauptquartier war die dritte spektakuläre Operation der Aufständischen in weniger als einer Woche.

US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, sie zweifele trotz des zunehmenden Terrors nicht an der Sicherheit von Pakistans Atomwaffen. Die blutige Geiselnahme durch die Taliban im pakistanischen Armee-Hauptquartier zeige, dass Extremisten die Autorität des Staates zunehmend bedrohten.