Im Prozess um die Rettung von 37 Bootsflüchtlingen durch die Hilfsorganisation Cap Anamur sind gestern im italienischen Agrigent alle drei Angeklagten freigesprochen worden.

Köln/Agrigent. Der frühere Cap-Anamur-Vorsitzende Elias Bierdel, Schiffskapitän Stefan Schmidt (Lübeck) sowie der Erste Offizier Vladimir Daschkewitsch waren wegen Begünstigung illegaler Einwanderung angeklagt. Sie hatten die Bootsflüchtlinge im Juni 2004 entdeckt und aufgenommen. Nach dreiwöchigem Tauziehen zwischen Italien, Deutschland und Malta waren sie mit den Flüchtlingen an Bord den Hafen von Porto Empedocle auf Sizilien angelaufen. Die Flüchtlinge wurden kurz darauf abgeschoben. Bierdel und die zwei Besatzungsmitglieder wurden verhaftet. Die Staatsanwaltschaft forderte Haftstrafen und eine Geldstrafe in Höhe von 400 000 Euro.

Bierdel begrüßte das Urteil, wies jedoch erneut darauf hin dass er "fünf Jahre unter Anklage stand, nur weil wir Menschenleben gerettet hatten". Wegen des politischen Hintergrunds des Prozesses hatte er nach eigenen Angaben mit einer Verurteilung gerechnet. Der Flüchtlingsstrom nach Sizilien und Lampedusa hat sich drastisch reduziert, seit Italien die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zurückweist.

Die Vorsitzende der Kölner Hilfsorganisation Cap Anamur, Edith Fischnaller, nannte das Urteil "einen Erfolg für die Menschlichkeit" nach einem fragwürdigen Strafprozess. Zivilcourage und die Rettung von Menschenleben dürften nicht bestraft werden. "Rettung ohne Wenn und Aber in größter Not ist ein unumstößlicher Grundsatz von Cap Anamur", unterstrich die Vereinsvorsitzende. "Wir werden da weitermachen, wo immer unsere Hilfe benötigt wird, und Leben retten."

Auf dem Weg in den Irak hatte das Schiff der Hilfsorganisation die Bootsflüchtlinge 2004 in internationalen Gewässern zwischen Libyen und der südlich von Sizilien gelegenen Insel Lampedusa aufgegriffen. Das mit Hilfslieferungen beladene Containerschiff holte die in Seenot geratenen Afrikaner an Bord und nahm dann Kurs auf Porto Empedocle.

Die italienischen Behörden verweigerten der "Cap Anamur II." die Genehmigung, sich der Küste zu nähern, da die Flüchtlinge in maltesischen Gewässern an Bord genommen wurden. Demnach hätten die Afrikaner in Valetta von Bord gehen und dort Asylanträge stellen sollen. Zudem habe Bierdel die italienischen Behörden verspätet über die Rettungsaktion unterrichtet.

Als zwei Jahre später der Prozess begann, sah das Gericht es als erschwerenden Umstand an, dass die Rettungsaktion der Werbung für die Hilfsorganisation gedient habe und als Medienspektakel inszeniert worden sei. Die Flüchtlinge waren nach drei Wochen Irrfahrt mit T-Shirts der Hilfsorganisation bekleidet von Bord gegangen.