Die blutig verlaufene Befreiung eines britischen Journalisten aus der Geiselhaft der Taliban hat für Empörung in London und Kabul gesorgt. Während der Kommandoaktion in Nordafghanistan hatte am Mittwoch der “New York Times“-Reporter Stephen Farrell (46) aus einem von den Taliban besetzten Haus in Kharudi fliehen können.

Hamburg/London. Sein afghanischer Dolmetscher, der Journalist Sultan Munadi (34), war ebenso dabei ums Leben gekommen wie der 29-jährige britische Soldat John Harrison, eine afghanische Frau und ein Kind. Zudem starben bei dem Gefecht mehrere Dutzend Aufständische. Nach Angaben von Farrell war Munadi beim Angriff der britischen Eliteeinheiten SAS und SBS bei seiner Flucht aus dem Haus erschossen worden - offenbar von den Briten. Munadi war gerade aus Deutschland gekommen, wo er neun Monate lang Politikwissenschaften studiert hatte.

Wie die Londoner "Times" berichtete, herrscht Wut im britischen Militär über den Einsatzbefehl und über den Reporter. Farrell, der schon vor fünf Jahren einmal im Irak gekidnappt worden war, hatte allen Warnungen zum Trotz den Schauplatz des von der Bundeswehr angeforderten US-Raketenangriffs auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklastwagen aufsuchen wollen und geriet in die Hände der Rebellen, die dort eine Hochburg haben. Der "Daily Telegraph" zitierte einen hohen britischen Militär, der die Frage äußerte, ob Farrell es überhaupt wert gewesen sei, ihn zu retten. Zukünftig würden sich die Special Forces so etwas zweimal überlegen. Wie die "Times" schrieb, stand die Entführung offenbar kurz vor einer Verhandlungslösung, als die Elitetruppe angriff. Die Geisel-Unterhändler seien "schockiert und wütend". Der konservative Parlamentsabgeordnete und ehemalige SAS-Offizier Andrew Robathan sprach von einer "unnötigen Operation"; Munadis Vater sagte, sein Sohn sei einen sinnlosen Tod gestorben.

Nach Angaben des "Telegraph" distanzierte sich Premierminister Gordon Brown angesichts der Empörung von seiner früheren Darstellung, er sei die treibende Kraft bei der Kommandoaktion gewesen. Nun erklärte er, die Entscheidung sei von Verteidigungsminister Bob Ainsworth und Außenminister David Miliband nach einem Treffen des Regierungs-Krisenkomitees "Cobra" getroffen worden. Er selber sei nur "konsultiert" worden, sagte Brown.