Tausende Bürger nehmen heute die Gelegenheit wahr, sich in Boston vom letzten großen Vertreter der Kennedy-Dynastie zu verabschieden.

Washington/Hyannis Port. Freunde und Anhänger nehmen heute in Boston Abschied von Edward Kennedy. Auch Tausende Bürger werden erwartungsgemäß die Gelegenheit wahrnehmen, sich vom letzten großen Vertreter der Kennedy-Dynastie zu verabschieden, dessen geschlossener Sarg gestern in der "John F. Kennedy Presidential Library and Museum" aufgebahrt worden war. Eine militärische Abordnung und Familienmitglieder halten die Totenwache.

Senator John Kerry, der mit seiner Frau der Familie in Hyannis Port in Massachusetts einen Trauerbesuch abstattete, sagte: "Ich denke, alles ist so, wie Senator Kennedy es sich gewünscht hat." Kennedy war am Dienstagabend im Alter von 77 Jahren an einer Krebserkrankung gestorben.

Am morgigen Sonnabend soll der langjährige Senator der Demokraten auf dem Nationalfriedhof Arlington in der Nähe seiner beiden ermordeten Brüder John F. Kennedy und Robert Kennedy beigesetzt werden. Da Ted Kennedy im US-Militär gedient hat und eine gewählte Amtsperson war, kann auch er auf dem Nationalfriedhof beerdigt werden. Die Beisetzung ist für fünf Uhr nachmittags Ortszeit (23 Uhr MESZ) geplant. Die Rede beim Trauergottesdienst in der Mission Church in Boston wird US-Präsident Barack Obama halten.

"Unser Land hat einen großen Mann verloren, der den Stab von seinen gefallenen Brüdern übernahm und der der größte Senator der Vereinigten Staaten in unserer Zeit wurde", sagte Obama gestern. Kennedy sei eine einzigartige Figur in Amerikas Geschichte gewesen. "Für seine Familie war er Beschützer, für Amerika der Verteidiger eines Traums."

Für Obama hat Kennedys Tod negative politische Auswirkungen: Die heftig umstrittene Gesundheitsreform steht im Kongress nun auf der Kippe. Mit Kennedy verlieren die Demokraten im Senat jene Mehrheit, mit der sie Abstimmungen gegen die oppositionellen Republikaner erzwingen können.

Die Republikaner laufen Sturm gegen Obamas Plan, für die Amerikaner eine Krankenversicherungs-Pflicht einzuführen. Gerade Kennedy hatte Obama seit dessen Wahlkampf für das Mammutprojekt den Rücken gestärkt. Frühestens in fünf Monaten aber kann in Kennedys Heimatstaat Massachusetts ein Nachfolger gewählt werden. "Jetzt ist die Gesundheitsdebatte festgefahren und wird bösartig", sagte Politikexperte Paul Light von der New York University der "Washington Post". "Kennedy hätte das nicht zugelassen."

Auf der ganzen Welt würdigten Regierungsvertreter und Weggefährten Kennedys Lebensleistung. Deutschland und Europa verlören mit Kennedy "einen guten und geschätzten Freund", schrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nannte ihn "ein Vorbild und einen Vorkämpfer für Gerechtigkeit und Frieden".

Überall in Washington herrsche Trauerstimmung, berichten US-Medien. An der Brent-Grundschule am Capitol Hill, die der Senator jeden Dienstag als Pate besuchte, weht die Fahne auf halbmast. Ted Kennedy hatte für die Schüler ein Kinderbuch geschrieben, in dem er seinen Politiker-"Job" aus der Sicht seines Hundes Splash beschrieb. In Kennedys Lieblingsbistro Bis bleibt Tisch 23 unbesetzt.