Taiwans Regierung hat auf Druck der Opposition einem Besuch des Dalai Lama zugestimmt und riskiert damit eine Verschlechterung der Beziehungen zu China.

Taipeh. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter dürfe nach Taiwan kommen, um für die Seelen der Überlebenden und Todesopfer des Taifuns "Morakot" zu beten, sagte Präsident Ma Ying-jeou gestern. Die oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte den Dalai Lama in die vom Sturm heimgesuchte Hafenstadt Kaohsiung eingeladen. Nach Mas Zustimmung nahm das im indischen Exil lebende geistliche Oberhaupt der Tibeter die Einladung an. Sein Sprecher erklärte in Dharamsala, der Geistliche freue auf sich auf den Besuch. Er soll am Sonntag in Taiwan eintreffen. Die chinesische Regierung reagierte heftig. Ein Besuch des im Exil lebenden geistlichen Führers der Tibeter werde von China in jeder Form verurteilt, erklärte ein Sprecher des für die Beziehungen zu Taiwan zuständigen staatlichen Amtes. Die Einladung an den Dalai Lama sei ein Versuch, die "hart erarbeitete gute Situation" in den Beziehungen zwischen China und Taiwan zu sabotieren. Die Beziehungen zwischen Peking und Taipeh sind angespannt: China betrachtet Taiwan, das sich nach einem Bürgerkrieg 1949 von Peking losgelöst hatte, als abtrünnig. In Taiwan herrscht nun die Sorge, dass der vorsichtige Entspannungsprozess mit China durch den Besuch des Dalai Lama wieder gestört wird. Ein Sprecher des taiwanischen Präsidenten betonte deswegen, der Besuch des Dalai Lama erfolge ausschließlich aus "humanitären und religiösen Gründen" und werde die Beziehungen zu China nicht beeinträchtigten. Er ließ offen, ob Ma den Dalai Lama treffen werde. Auch Abgeordnete von Mas Peking-treuer Kuomintang-Partei äußerten sich besorgt. Die Abgeordnete Lo Shu-lei warf der oppositionellen DPP vor, mit der Einladung an den Dalai Lama die Sturmkatastrophe für politische Zwecke zu missbrauchen.