Veröffentlichung des Protokolls geschah gegen Obamas Willen. Nun soll ein Sonderermittler Klarheit schaffen.

Hamburg/Washington. Unter einem Verhörspezialisten stellt man sich schaudernd einen gefühlstoten Experten mit detaillierten medizinischen Kenntnissen vor, der über die Reizleitung jeder Nervenbahn im Bilde ist. Was die CIA bei ihren umstrittenen Verhören jedoch teilweise an Personal einsetzte, waren angelernte Hilfskräfte mit einem Crashkurs im Foltern.

Ganze zwei Wochen dauerte die Ausbildung - dann wurden die "Spezialisten" auf bedauernswerte Delinquenten losgelassen. Das geht aus dem Untersuchungsbericht des CIA-Generalinspekteurs von 2004 hervor, der erst jetzt veröffentlicht wurde.

Und darin finden sich noch andere Ungeheuerlichkeiten. So sollen die CIA-Leute Verdächtigen mit Ermordung gedroht haben, ferner damit, ihre Kinder zu töten und Frauen zu vergewaltigen. Bei den Verhören kam es demnach zu schweren Misshandlungen, Schlägen, "walling" (gegen Wände schleudern), Schlafentzug bis zu elf Tagen sowie Scheinhinrichtungen. Ein Verdächtiger wurde auf einer Militärbasis in Afghanistan vier Tage lang zu Tode geprügelt.

Die Bürgerrechtsunion ACLU hatte auf gerichtlichem Wege die Veröffentlichung des Berichtes erzwungen - gegen den Widerstand Barack Obamas, der "die Vergangenheit ruhen" lassen wollte. Als Konsequenz aus dem Enthüllten hat der Präsident nun die Schaffung eines speziellen Verhör-Teams angeordnet.

Es soll nicht mehr von der CIA kontrolliert werden, sondern von der Bundespolizei FBI, die Oberaufsicht hat das Weiße Haus.

Vor allem aber hat Justizminister Eric Holder, der nach Aussagen von Mitarbeitern zutiefst schockiert über den Bericht gewesen sein soll, Sonderstaatsanwalt John Durham mit der Aufarbeitung des Verhörskandals beauftragt. Dieser schadet auch Obama, vor allem aber rückt er die Methoden der Bush-Regierung ins Licht der Öffentlichkeit.

Rechte Republikaner und CIA-Chef Leon Panetta schäumen vor Wut. Der frühere US-Vizepräsident Richard "Dick" Cheney sagte, die Veröffentlichung des Geheimberichtes zeige, warum viele Amerikaner Zweifel daran hätten, dass Obama der Verantwortung für die Sicherheit der USA gewachsen sei. Die "harten" Verhörmethoden hätten einen großen Teil der Erkenntnisse über das Terrornetzwerk al-Qaida geliefert und weitere Terroranschläge verhindert. Doch genau diese Wirksamkeit der Folter bezweifelt CIA-Generalinspektor John Helgerson in seinem Report.

Insgesamt 94 Gefangene hat die CIA verhört, 28 davon mit "harten" Methoden wie "waterboarding", bei dem der Gefangene das Gefühl bekommt, zu ertrinken. Auf Abd al-Rahim al-Nashiri, der 2000 in den Selbstmordanschlag auf den Zerstörer "USS Cole" im Hafen von Aden verwickelt gewesen sein soll - damals starben 17 US-Seeleute -, ging ein CIA-Scherge mit einer heulenden Bohrmaschine los.

Einem anderen Gefangenen wurde angekündigt, seine Mutter vor seinen Augen zu vergewaltigen. Und einem der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Khalid Scheich Mohammed, wurde erklärt, sollten weitere Terrorakte folgen, "werden wir deine Kinder umlegen".

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte die US-Administration auf, Verfahren gegen Regierungsbeamte und Juristen im US-Justizministerium einzuleiten, die für derartige Verhöre verantwortlich waren. Es sei durch den Helgerson-Bericht deutlich geworden, dass die CIA "schwere Verbrechen begangen hat". Bekannt geworden ist auch, dass die frühere Sicherheitsberaterin und spätere Außenministerin Condoleezza Rice bereits im Jahre 2002 Foltermethoden bei Verhören absegnete.