Zelaya wollte seine Wiederwahl per Verfassung möglich machen. Uno, USA, EU und OAS verurteilen Staatsstreich.

Hamburg/Tegucigalpa. Der eine Präsident des Landes arbeitete gerade emsig an seiner neuen Kabinettsliste, während der andere eine Auslandsreise absolvierte und auf dem Flughafen mit ausgesuchter Herzlichkeit von Amtskollegen aus anderen Staaten begrüßt wurde.

Was nach präsidialer Arbeitsteilung aussieht, ist tatsächlich kuriose Konsequenz eines Militärputsches. Manuel Zelaya, der Staatschef von Honduras, wurde von der eigenen Armee zu nachtschlafender Zeit aus seiner Residenz in der Hauptstadt Tegucigalpa gezerrt, in einen Lieferwagen gestopft und in eher unpassender Reisekleidung - der Präsident trug Pyjama - per Militärflugzeug nach Costa Rica verfrachtet. Bevor Zelaya noch "Putsch" sagen konnte, war daheim schon Parlamentspräsident Roberto Micheletti als neuer Präsident vereidigt. "Ich bezweifle, dass dies die vorgeschriebene Verfahrensweise für eine Amtsenthebung ist", schrieb ein politischer Beobachter im Internet.

Der Rest der Welt sieht das ganz ähnlich. US-Präsident Barack Obama äußerte sich in Washington "besorgt" und forderte die "Handelnden aus Politik und Gesellschaft" in Honduras auf, "demokratische Normen und Gesetze aufrechtzuerhalten". In Berlin verurteilte Außenminister Frank-Walter Steinmeier den Putsch in Tegucigalpa und die "Verhaftung und Exilierung von Präsident Zelaya" scharf. Auch Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und die Europäische Union reagierten mit deutlicher Kritik. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen die 27 EU-Außenminister von einer "inakzeptablen Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung". Vielleicht noch bedenklicher für die Putschisten ist die scharfe Reaktion Venezuelas und Boliviens sowie die der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die den neuen Machthaber nicht anerkennen will. Zelaya ist von einem Machtgefüge aus Militär, Justiz und konservativen Parteien entthront worden.

Der linke, demokratisch gewählte Präsident hatte seine Gegner schwer gereizt: Zelaya wollte partout eine Verfassungsänderung vornehmen lassen, die es ihm ermöglichen sollte, wiedergewählt zu werden. Dies gibt es bereits in Venezuela, wo der linke Populist Hugo Chávez auf diese Weise seine Macht zementiert hat. In vielen anderen Staaten der Region sind die Präsidenten auf nur eine Amtszeit beschränkt worden - eine Lehre aus der Zeit der Militärdiktaturen.

Einen Volksentscheid, den Zelaya in dieser Frage angesetzt hatte, bezeichnete die Opposition als "Fahrkarte in die Diktatur".

Der Oberste Gerichtshof von Honduras hatte dieses Referendum bereits für unzulässig erklärt, Parlament und Militär hatten den Honduranern davon abgeraten, ihre Stimme abzugeben. Zelaya wollte jedoch mit dem Kopf durch die Wand: Auslöser für den Putsch war vermutlich, dass er den widerspenstigen Generalstabschef Romeo Vasquez Velasquez kurzerhand absetzte.

Zudem hatte sich der Präsident in letzter Zeit - die prekäre Wirtschafts- und Sicherheitslage in Honduras ignorierend, aber auf die Elite des Landes eindreschend - ähnlich linkspopulistisch wie Kollege Chávez gebärdet. Zelaya war 2005 für die Liberale Partei gewählt worden, war dann aber nach links gerückt.

Die Lage in Honduras war gestern angespannt. Wütende Zelaya-Anhänger errichteten Barrikaden und zündeten sie an. Vereinzelt fielen Schüsse. Der neue Präsident Micheletti verhängte eine Ausgangssperre. Später rief er die Bevölkerung auf, an die Arbeit zurückzukehren. Militär patrouillierte mit Panzerwagen in den Straßen. Die Armee sicherte auch mit Hubschraubern wichtige Plätze und Gebäude. Zelaya lieh sich von Hugo Chávez ein Flugzeug und flog in Nicaraguas Hauptstadt Managua, um an einer Krisensitzung des linken Staatenbündnisses Alba teilzunehmen. Der Gestürzte, der von den Kollegen als "rechtmäßiger Staatschef von Honduras" umarmt wurde, kündigte an, er wolle nun Micheletti "stürzen".