Opposition spricht von 43 getöteten Demonstranten. Beweist ein Brief die Wahlfälschung?

Hamburg/Teheran. Der zentrale Imam-Khomeini-Platz in Teheran war gestern im wahrsten Sinne des Wortes schwarz vor Menschen. Hunderttausende Anhänger des Oppositionsführers Mir Hussein Mussawi trotzten einem Verbot der Regierung und strömten schweigend zu einem Protest- und Trauermarsch zusammen.

Schätzungen reichten bis zu einer halben Million Menschen. Viele von ihnen trugen als Zeichen der Trauer um die Opfer der Unruhen schwarze Kleidung. Augenzeugen berichteten, dass auch Mussawi selber unter den Demonstranten gewesen sei. Wie die britische BBC meldete, soll es auch in anderen iranischen Städten wie Isfahan, Schiras und Maschhad wieder zu Protesten gekommen sein.

Wie viele Oppositionelle bei den vorangegangenen Demonstrationen getötet wurden, ist unklar. Staatliche Medien hatten von acht Toten gesprochen und behauptet, sie seien beim Angriff auf eine militärische Einrichtung ums Leben gekommen. Der iranische Widerstandsrat teilte dagegen mit, es habe in den ersten fünf Tagen nach der Präsidentschaftswahl 43 Tote gegeben. Sie seien von Revolutionsgardisten, Bereitschaftspolizisten und anderen Sicherheitskräften erschossen oder erschlagen worden.

Die Opposition ist der Ansicht, der hohe Wahlsieg von Präsident Ahmadinedschad über Mussawi mit gut 62 zu 33 Prozent sei nur durch massive Wahlfälschung zustande gekommen. Die "Basler Zeitung" berichtet in ihrer Online-Ausgabe von einem Brief, der in Tausenden Kopien im Iran zirkuliere. Das Schreiben soll von Innenminister Mahsouli stammen und an den geistigen Führer Ayatollah Ali Chamenei gerichtet sein. Darin seien die tatsächlichen Wahlergebnisse aufgelistet - nach denen sowohl Mussawi als auch Oppositionskandidat Mehdi Karrubi mehr Stimmen als Ahmadinedschad erzielt hätten. Die Echtheit des Schreibens ist jedoch nicht bewiesen.

Chamenei lenkte derweil ein Stück ein, indem er den mächtigen Wächterrat anwies, den eingegangenen 646 Beschwerden gegen Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang nachzugehen. Der Wächterrat, das oberste Kontrollgremium der Islamischen Republik, wird an diesem Sonnabend zudem mit den unterlegenen drei Gegenkandidaten Gespräche führen.

Das Regime nahm neben zahlreichen Demonstranten auch mehrere prominente Gegner der Regierung von Ahmadinedschad fest, darunter den früheren Außenminister Ebrahim Jasdi.