Ernst Uhrlau, Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), gerät nach der Inhaftierung von drei Mitarbeitern im Kosovo und der jetzt bekannt gewordenen...

Berlin/Bonn. Ernst Uhrlau, Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), gerät nach der Inhaftierung von drei Mitarbeitern im Kosovo und der jetzt bekannt gewordenen Bespitzelung der Welthungerhilfe in Afghanistan zunehmend unter Druck. Das mehrfach kritisierte Krisenmanagement des BND soll kommende Woche im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) behandelt werden, sagte der stellvertretende PKG-Vorsitzende Max Stadler (FDP).

"Wenn unschuldige BND-Mitarbeiter mehr als eine Woche unter dramatischen Umständen in Haft sitzen, war das Krisenmanagement völlig unbefriedigend", sagte Stadler der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Unionsinnenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) sagte der Zeitung: "Wenn ein BND-Präsident über derart schwerwiegende Vorkommnisse nicht unverzüglich unterrichtet wird, damit er handeln kann, hat er den Dienst nicht mehr unter Kontrolle."

Medienberichten zufolge soll ein frühzeitiger Hilferuf der im Kosovo später verhafteten Agenten an die BND-Zentrale mehrere Tage lang nicht beachtet worden sein. Uhrlau war vorgeworfen worden, die drei BND-Mitarbeiter nicht rechtzeitig zurückbeordert zu haben. Der BND wies diese Kritik zurück.

Der BND-Präsident habe "das uneingeschränkte Vertrauen" von Bundeskanzleramt und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Er nahm damit auch Stellung zu Berichten, denen zufolge die Informationspolitik des BND im Kanzleramt als "zumindest lückenhaft" kritisiert worden sei.

Die Deutsche Welthungerhilfe zeigte sich empört über die Abhöraktion des BND gegen Entwicklungshelfer in Afghanistan und forderte Angela Merkel zu einem Machtwort auf. Generalsekretär Hans-Joachim Preuß schrieb, er erwarte, "dass Sie erklären, dass solche Abhöraktionen gegen Projekte und Mitarbeiter humanitärer Organisationen, die in einem gefährlichen Umfeld arbeiten, zukünftig unterbleiben". Preuß forderte eine Untersuchung des Vorfalls und eine Entschuldigung der Verantwortlichen. Der BND habe die Organisation Anfang Dezember 2008 darüber informiert, dass vom 20. Oktober 2005 bis zum 10. April 2008 "2001 Telekommunikationsverkehre" (z. B. Telefonate, Faxe, E-Mails) des von der Welthungerhilfe geleiteten Büros "Afghan NGO Safety Office" (ANSO) in Afghanistan überwacht wurden, sagte Welthungerhilfe-Sprecherin Marion Aberle dem Abendblatt. ANSO hatte sicherheitsrelevante Vorfälle gesammelt und Hilfsorganisationen darüber informiert. Nachdem Anfang 2007 zwei Mitarbeiter der Welthungerhilfe in Afghanistan getötet worden waren, hatte die Organisation beschlossen, keine neuen Projekte zu beginnen und künftige Vorhaben vorübergehend an Afghanen zu delegieren. Projektleiter Nic Lee sagte gestern: "Der BND solle sich lieber auf die Taliban konzentrieren."