Barack Obama führt vor John McCain mit 50 zu 43 Prozent. Seine Offensive soll den Vorsprung bis zum 4. November wachsen lassen.

Hamburg/Washington. Goldene Kornähren wogen, ein blauer Himmel spannt sich über weites Land, ergriffene Menschen murmeln bedeutungsschwere Botschaften, untermalt von zäh perlenden Schicksalsmelodien. Als letzte PR-Offensive gegen seinen republikanischen Rivalen John McCain hat der Demokrat Barack Obama ein halbstündiges Video in den Kampf um das Weiße Haus geschickt.

Es ist ein kinematografisches und mediales Meisterstück, produziert von dem namhaften US-Regisseur David Guggenheim. Staatsmännischer und präsidialer kann man kaum wirken als Obama in dem Streifen, der Durchschnittsamerikaner ohne Arbeit und ohne Krankenversicherung, aber mit großen Hoffnungen auf den Senator aus Illinois zeigt sowie allerlei demokratische Senatoren und Gouverneure aus den Staaten im Mittelwesten und den hart umkämpften "swing states" lobend zu Worte kommen lässt.

Video: Barack Obamas TV-Total

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Obama im Gespräch mit US-Bürgern, denen er seine Pläne für das neue Amerika verkündet, im trauten Familienglück mit Ehefrau Michelle und Kindern - und vor einem gleichfalls präsidial wirkenden Schreibtisch in einer ländlichen Hütte, dessen Holztäfelung unter sanftem Tageslicht glänzt. Einige US-Analysten sorgen sich bereits, Obama könne es damit übertrieben haben. Flugs ätzte McCain: "Wie jeder weiß, der schon einmal etwas aufgrund eines Infomercials gekauft hat, ist der Job des Verkäufers stets besser als das Produkt. Käufer also aufgepasst." Obama hatte für die halbstündige Botschaft Sendezeit bei den großen Sendern Fox, NCC, CBS sowie bei Univision, MSBC, Bet und T One gekauft.

Die Sendezeit für eine zweite, Video-Botschaft brauchte Obama indes nicht zu bezahlen, denn die ging auch so über den Äther.

Es war der erste gemeinsame Auftritt zusammen mit Bill Clinton. Solange seine Frau Hillary noch erbitterter Rivale Obamas war, hatte der Großmeister des Wahlkampfs Clinton den Senator aus Illinois noch nach Kräften geschmäht. Nun aber trat er an seine Seite, es war, als kehre Achilles kurz vor der Entscheidungsschlacht in das Lager der Griechen zurück. Noch einmal warf Clinton, ausnahmsweise nicht in eigener Sache, den Turbo an. Mit ausholenden Gesten Amerika im Allgemeinen und die 40 000 Zuschauer auf einem Feld bei Orlando in Florida im Besonderen umfassend, pries Clinton den "neuen Präsidenten". Das verbale Feuerwerk verfolgte Obama stumm, den Blick unverwandt auf Clinton gerichtet. Eine Interpretation seiner Miene könnte lauten: "Mann, ist der gut!"

Clinton, ganz Dompteur und Volkstribun, entlockte der entzückten Menge frenetischen Jubel, in den sich Obama später einhüllen durfte. Doch zunächst zerpflückte Bill Clinton die Taktik McCains, Barack Obama als Steuererhöher und Umverteiler von oben nach unten darzustellen. "Wir haben die Schulden abbezahlt, sie haben sie verdoppelt - also erzählt mir nichts über Umverteilung", rief Clinton unter Hinweis auf seine Präsidentschaft und die des Republikaners George W. Bush. Obama werde "der nächste Präsident , es sei denn, die Amerikaner vergessen, worum es bei dieser Wahl geht", sagte Clinton. Für die US-Medien hatte die politische und auch leibhaftige Umarmung der beiden demokratischen Topstars den Charakter eines Ritterschlages, mit dem der alte Präsident den Nachfolger adelt. Nun muss Obama nur noch gewinnen.

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