Von Finanzkollaps bis Afghanistan - John McCain griff an, konnte aber gegen Barack Obama nicht punkten.

Hamburg/Nashville. Nur einmal bröckelte die Fassade des ritterlichen Duells zweier Gentlemen. "Der da!", zischte John McCain und wies mit dem Finger auf seinen Rivalen Barack Obama, ihm dabei den Rücken zudrehend und jeden Augenkontakt vermeidend. "Der da" habe mal für ein umstrittenes Energiegesetz gestimmt, er selber dagegen. Es lagen ein Quäntchen Verachtung, Unmut und wohl auch ein wenig Verzweiflung in diesen beiden Worten. Denn "der da" führt in Umfragen deutlich.

Und auch das zweite Fernsehduell der Präsidentschaftskandidaten hat Obama wohl für sich entschieden, eine rasche repräsentative Umfrage des Senders CNN und des Meinungsforschungsinstituts Opinion Research ergaben 54 Prozent für den Demokraten und nur 30 Prozent für den Republikaner. Dabei war die Debatte mit Zuschauerfragen in der Aula der Belmont-Universität in Nashville - Partnerstadt von Magdeburg und Heimat der Country-Musik - schon auf John McCain zugeschnitten gewesen, der diese Formate liebt. Doch im Vergleich mit Obama, der betont lässig mit gebeugtem Spielbein auf seinem Stuhl hockte oder pantherartig hin und her federte, schlurfte der 72-Jährige, körperlich eingeschränkte McCain geradezu in der Arena herum.

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Ob die Finanzkrise - thematischer Schwerpunkt des Abends und für Obama die schwerste seit der Weltwirtschaftskrise" von 1929 -, Afghanistan, Russland oder erneuerbare Energien: John McCain gab sich alle Mühe, den 47 Jahre jungen Senator aus Illinois zu attackieren und mit seiner "kurzen Karriere" als Greenhorn mit mangelnder Urteilskraft darzustellen. Er erklärte: "Wir haben keine Zeit für ein Training am Arbeitsplatz." "Senator McCain behauptet immer, ich sei noch grün hinter den Ohren, während er ernsthaft und verantwortungsbewusst ist", meinte Obama dazu mit mildem Spott, schon ganz Staatsmann.

Die Finanzkrise sei "das endgültige Urteil über die gescheiterte Wirtschaftspolitik der vergangenen acht Jahre", bilanzierte Obama genüsslich. Der republikanische Präsident George W. Bush habe weitgehend auf Interventionen in den Finanzmärkten verzichtet und erwartet, "dass der Wohlstand auf uns alle herabregnen wird. Das ist nicht passiert". McCain beeilte sich, ein milliardenschweres Hilfsprogramm für Hausbesitzer vorzuschlagen, die von der Zwangsversteigerung bedroht sind.

Auf die Frage nach ihrem Kandidaten für das Amt des US-Finanzministers erwähnten beide den Namen des Obama zugeneigten Milliardärs Warren Buffet, wollten sich aber nicht festlegen.

Für Europäer leicht befremdlich, spickte McCain seine Auslassungen mit glühendem Patriotismus, ergriff sogleich die Hand eines Fragestellers, sobald der sich als Navy-Chief Petty Officer outete - ein hoher Bootsmanns-Dienstgrad - und dankte ihm überschwänglich für seinen Dienst am Vaterland. In mehreren Antworten, manchmal gar mehrfach, brachte der Senator aus Arizona unter, dass er sein Leben lang dem Land gedient habe und selbiges für ihn stets Vorrang habe. Obama hatte keine andere Wahl, als dem Navy-Chief auch erst einmal zu danken, bevor er mit der Argumentation loslegen konnte.

Waren sich die Kandidaten schon beim Thema Steuern nicht einig - Obama will auch insgesamt weniger davon, aber die Reichen schröpfen, McCain sie allgemein senken -, so prallten die unterschiedlichen Vorstellungen in der Außen- und Sicherheitspolitik erst recht aufeinander. Der Bierernst der Debatte entbehrte nicht einer unfreiwilligen Komik, als McCain Obama vorwarf, er habe törichterweise mit einem Angriff auf Pakistan gedroht, und der Demokrat konterte, John McCain habe zur Vernichtung Nordkoreas aufgerufen und habe auf eine Frage zu seiner Iran-Politik schon mal den Text "bomb, bomb, bomb, Iran" zum Beachboys-Musiktitel "Barbara Ann" gesungen. "War nur ein Scherz", knurrte der Republikaner pikiert, entscheidend sei schließlich, dass er mit der Iran-Krise fertig werden könne. Reden will er mit den störrischen Mullahs in Teheran allerdings nicht, das hat Obama aber vor. Sein Rivale spreche eben gern laut, meinte McCain, er halte es lieber mit dem Spruch des früheren US-Präsidenten Theodore Roosevelt "sprich sanft, aber trage einen großen Knüppel".

"McCain war gut, aber nicht gut genug", zog der frühere republikanische Bildungsminister William Bennet, nun Publizist, das Fazit der zweiten Debatte. Die dritte und letzte findet am 15. Oktober statt.

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