Gemeinsam mit Senator Joe Biden an seiner Seite will der designierte US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama in den Wahlkampf ziehen. Deutsche Politiker zufrieden mit dem Entschluss.

Washington. Obama erklärte am Sonnabend auf seiner Website, seine Wahl sei auf Biden als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten gefallen. Fast zeitgleich verschickt Obamas Team wie angekündigt eine entsprechende SMS. Der 65-jährige Biden sitzt seit mehr als 30 Jahren im Senat und kann auf große Erfahrung in der Außenpolitik verweisen.

Der katholische Politiker aus dem Staat Delaware ist Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses im Senat. Der gelernte Jurist war in der Vergangenheit außerdem Vorsitzender des Justizausschusses im Senat und verfügt über Erfahrung in Verteidigungsfragen. Er ist auch in der Arbeiterklasse verwurzelt und könnte Obama damit wichtige Stimmen in dieser Wählergruppe verschaffen, bei der er bisher kaum punkten konnte.

Obama wollte am nach der Präsentation Bidens gemeinsam mit seinem "Running Mate" bei einer Wahlkundgebung in Springfield, der Hauptstadt seines Heimatstaates Illinois, auftreten. Biden galt als Favorit unter den möglichen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft. Er wurde 1973 im Alter von 29 Jahren in den Senat gewählt und bringt viel Auslandserfahrung mit - genau das, was Obama nur in begrenztem Maße vorweisen kann. Kritiker könnten Obama angesichts der Entscheidung für Biden allerdings vorwerfen, dass es ihm an Selbstvertrauen in seine eigenen außenpolitischen Einsichten fehle.

Biden nicht frei von Kritik

Zudem hat sich Biden in seiner Karriere nicht immer rühmlich hervorgetan. Seine Bewerbung um die Präsidentschaft 1988 zog er vorzeitig zurück, nachdem er dabei ertappt worden war, Passagen aus einer Rede des damaligen britischen Labour-Party-Vorsitzenden Neil Kinnock gestohlen zu haben. Auch diesmal hatte er sich zunächst selbst um die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei beworben, gab jedoch schon nach der ersten Vorwahl in Iowa auf. Mit kontroversen Äußerungen hat er sich mitunter auch Rassismusvorwürfe eingehandelt.

Der designierte republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain ging umgehend zum Angriff über. Sein Sprecher Ben Porritt erklärte, noch vor kurzem haben Biden Obamas mangelnde außenpolitische Erfahrung kritisiert und angedeutet, die Amerikaner würden schnell merken, dass Obama für das Präsidentenamt noch nicht bereit sei. Sie verwiesen auf ein Interview Bidens vom August 2007. Darin hatte dieser erklärt, er stehe zu einer früheren Aussage, dass Obama sich noch nicht für das Amt eigne.

Nach seinem Ausscheiden im Vorwahlkampf hatte Biden noch erklärt, er wolle nicht "Running Mate" werden. "Ich trete nicht zur Wahl für das Amt des Vizepräsidenten an", sagte er dem Sender Fox. "Ich würde nicht annehmen, wenn ich das Angebot erhalten sollte. Ich würde lieber Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses bleiben, als Vizepräsident zu werden."

Biden hatte für den Krieg gegen den Irak gestimmt. Später wurde er allerdings zu einem scharfen Kritiker des bewaffneten Konflikts. Sein Sohn Beau, ein Staatsanwalt in Delaware, leistet ab Herbst Dienst mit der Nationalgarde im Irak.

Deutsche Politiker begrüßen Biden-Nominierung

Deutsche Politiker loben einhellig die Entscheidung des US-Demokraten Barack Obama, den Außenpolitiker Joe Biden zu seinem Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten zu nominieren. Entsprechend äußerten sich in der "Welt am Sonntag" der SPD-Politiker Gert Weisskirchen (SPD), der CDU-Politiker Eckart von Klaeden und der stellvertretende FDP-Fraktionschef Werner Hoyer.

Weisskirchen sagte, die Nominierung Bidens sei auch ein gutes Signal an die Europäer. Der Senator des US-Staats Delaware sei einer der stärksten Außenpolitiker der USA, fügte der SPD-Politiker hinzu. "Obamas Entscheidung für ihn ist eine außergewöhnlich gute Entscheidung, die auch zeigt, wie Obama versucht, alle Strömungen der Demokraten hinter sich zu versammeln", äußerte Weisskirchen. Biden sei gut mit den Verhältnissen in Europa vertraut und kenne die unterschiedlichen Sichtweisen sehr genau. "Er würde nie zu solchen Klassifizierungen kommen wie etwa der frühere US-Verteidigungsminister Rumsfeld, der von einem alten und einem neuen Europa gesprochen hat", sagte Weisskirchen.

Der CDU-Außenpolitiker von Klaeden wird zitiert: "Bidens Nominierung ist der Versuch Obamas, seine im Vergleich zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten McCain geringe außenpolitische Erfahrung auszugleichen". Allerdings sei diese Wahl innenpolitisch nicht ohne Risiko. "Biden ist Teil des Washingtoner Establishments. Aus diesem Umstand kann sich eine Spannung zu dem auf einen Wechsel gegen eben dieses Establishment ausgerichteten Wahlkampf Obamas ergeben", sagte von Klaeden. Besonders plausibel werde Obamas Entscheidung für Biden durch den Einmarsch der Russen in Georgien, da dieser Schritt Moskaus in den USA als Zäsur empfunden werde.

Für die FDP sprach Vizefraktionschef Hoyer von einer "exzellenten Entscheidung". "Obama schließt damit eine offene Flanke, die er gegenüber McCain hat", sagte Hoyer dem Blatt.