WASHINGTON. Nur noch sechs Wochen sind es bis zum Beginn der Vorwahlen in den USA, und noch ist völlig offen, wen die Republikaner von Präsident George W. Bush zu ihrem Kandidaten für das Weiße Haus bestimmen. Konservativ sollte der Kandidat sein - und religiös, um die Stimmen der vielen Millionen streng christlicher Wähler zu bekommen. Die christliche Basis der Republikaner steht hinter einer Entwicklung, die zum politischen Adventswunder des Wahlkampfs werden könnte: dem Aufstieg des Außenseiters Mike Huckabee.

Politik in Gottes Namen: Mike Huckabee ist 52 Jahre alt, er ist Baptisten-Pastor, und wie von himmlischen Mächten geführt, schießt er in den Umfragen nach oben. Im richtungsweisenden Bundesstaat Iowa, wo am 3. Januar die Vorwahlen beginnen, liegt er laut einer Umfrage der "Washington Post" mit 24 Prozent parteiintern schon auf Platz zwei - im Vergleich zu acht Prozent wenige Monate zuvor.

Huckabees verblüffender Aufstieg illustriert die Unzufriedenheit der religiösen Basis mit den bisherigen Parteifavoriten: mit dem Mormonen Mitt Romney, der in Iowa knapp vor Huckabee führt, und dem USA-weit derzeit noch als Favorit gehandelten Rudolph Giuliani, dem zweifach geschiedenen Ex-Bürgermeister von New York.

Auch wenn die US-Verfassung eine Trennlinie zwischen Religion und Staat zieht: De facto gibt es keine Trennung zwischen Religion und Politik - ganz einfach deshalb, weil die USA ein gottesfürchtiges Land sind und die Politiker auf die Stimmen der Gläubigen setzen. Bushs Wahlkampfguru Karl Rove zimmerte eine Koalition aus konservativen und religiösen Wählern, die den Republikanern auf Dauer die Macht sichern sollte. Sie scharten sich um ideologische Kernanliegen: Nein zur Abtreibung, Nein zur gleichgeschlechtlichen Ehe, Nein zur Pornografie. Die Gruppe der evangelikalen Wähler steuerte ein Viertel der Stimmen zu Bushs Wahlsiegen bei. Bleiben sie bei der nächsten Wahl zu Hause, dürfte es keinen republikanischen Präsidenten geben.

Huckabee bietet sich als Retter jener Koalition an, die am Streit über Giuliani und Romney zerbrechen könnte. Knapp die Hälfte der Evangelikalen in Iowa steht inzwischen laut Umfrage hinter ihm. Was ihm an Wahlkampfgeldern fehlt, macht der Außenseiter durch samtige Rhetorik und Gottvertrauen wett.

In TV-Auftritten zeigt er Humor, bisweilen spielt er Bassgitarre in einer Rockband. Dabei ist er kein Liberaler. Abtreibungen bezeichnet er als "Holocaust". Die Evolutionstheorie lehnt er ab. In seiner Amtszeit als Gouverneur von Arkansas setzte er eine besondere Art der Ehe durch: Bei der "Covenant Marriage", die Ehepartner freiwillig schließen können, ist eine Scheidung nur bei schwerwiegenden Gründen wie Missbrauch oder Ehebruch erlaubt.

"Huckabee steht an der Schwelle zum Durchbruch, die Unterstützung der Religiösen macht ihn zu einem ernsthaften Mitspieler", sagt Professor Cary Covington von der Universität Iowa.