BERLIN/HAMBURG. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat im Jahre 2005 offenbar mehrere Monate lang Geheimgespräche mit den radikalislamischen Taliban geführt. Bei mehreren Treffen in der Schweiz habe der Dienst herausfinden wollen, ob die Taliban zu einer Distanzierung von der extremistischen al-Qaida bereit seien, berichtete der "Spiegel" am Wochenende. Im Gegenzug habe der BND Hilfe bei zivilen Wiederaufbauprojekten in Afghanistan angeboten.

Das Kanzleramt habe davon gewusst, auch die US-Geheimdienste und Frankreich seien eingeweiht gewesen. Im Spätsommer 2005 brach der BND dem Bericht nach den Kontakt ab, da die Gesprächspartner nicht nachweisen konnten, dass sie tatsächlich im Namen der Taliban-Führung um Mullah Omar sprachen. In Deutschland ist umstritten, ob zur Befriedung Afghanistans auch mit den Taliban verhandelt werden sollte. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg hatte sich Anfang der Woche dafür ausgesprochen, "moderate, vernünftige" Taliban-Vertreter, die an Wiederaufbau und Aussöhnung interessiert seien, einzubinden. In der Union wurde dies kritisiert.

Wie "Spiegel Online" über eines der Treffen berichtete, hatte der BND im Juli 2005 zwei Abgesandte der Taliban im Zürcher Hilton-Airport-Hotel untergebracht. Sie waren mit Swiss Air aus dem pakistanischen Karatschi angereist - "in langen grünen Gewändern und mächtigen Turbanen". Die beiden Taliban hätten das Hotel heimlich durch den Dienstboteneingang betreten. Unter falschem Namen sei eine ganze Suite mit Konferenzräumen im sechsten Stock für sie reserviert gewesen.

Es hieß, den Kontakt hatte die für operative Aufklärung zuständige Abteilung 1 des BND in Pullach hergestellt. Avisiert seien zwei Taliban "aus dem mittleren Management". Erschienen sei ein "hünenhafter, impulsiver Mann" mit dem Spitznamen "Der Befehlshaber", der schon an der Seite von Mullah Omar gegen die Russen gekämpft habe. In seiner Begleitung sei ein jüngerer, zurückhaltender Mann gewesen, schrieb "Spiegel Online". Beide seien aus dem Umfeld der sogenannten "Quetta-Shura" gewesen, des Führungsrates der Taliban. Quetta ist eine Stadt im Nordwesten Pakistans.

Diese Gespräche in Zürich sollen drei Tage gedauert haben. Es hieß, wenig später habe der BND festgestellt, dass die beiden Taliban auf einer US-Liste mit den 200 meistgesuchten Terroristen in Afghanistan standen.