Kommentar

Wenn über Afghanistan diskutiert wird, fällt derzeit immer häufiger ein Begriff, dessen Kern auf der arabischen Halbinsel zu finden ist: Irakisierung. Tatsächlich scheinen al-Qaida und die Taliban auf eine Taktik eingeschwenkt zu sein, die im Irak ausgefeilt worden ist. Selbstmordattentäter wenden sich gegen die eigene Bevölkerung. Und bevorzugt gegen Menschen, die nach Taliban-Verständnis mit dem Feind kooperieren wollen. Polizeianwärter, Soldaten.

Ziel ist es, Unruhe und Angst zu verbreiten und Vertrauen in ausländische Mächte zu zerstören. Da liegt es in der Logik des Terrors, eigene Landsleute in die Luft zu sprengen. Diese Taktik beinhaltet auch das Signal: "Seht her, die Soldaten aus Europa und Amerika können euch nicht schützen!"

Oder wollen nicht. Denn nichts spielt Taliban und al-Qaida so in die Hände wie Tote, die schon mal als "Kollateralschaden" vernebelt und herabgewürdigt werden: zivile Opfer von Bombenangriffen, zum Beispiel Kinder, Alte, Frauen. Die USA haben bei diesem Thema bislang gern mit den Schultern gezuckt. Doch es sind offenbar nicht nur eindringliche Appelle ihrer Verbündeten in Afghanistan - darunter Deutschland - die neuerdings zu einem Umdenken im Pentagon führen. Wenn es auch noch zögerlich ist.

Deutschland hat mit seiner behutsamen Taktik des Wiederaufbaus im Norden des Landes große Erfolge vorzuweisen. Und ist doch zugleich am Erstarken der Taliban beteiligt. Denn der Kampf gegen den Terror im Land ist vordringlich Polizeiarbeit. Doch der Aufbau der Polizeikräfte geht nur schleppend voran. Auch weil Deutschland, obwohl vereinbarungsgemäß dafür zuständig, dabei bislang eher halbherzig zu Werke gegangen ist.