WASHINGTON. Sechs Monate nach George Tenets Rücktritt heftete US-Präsident George W. Bush seinem ehemaligen CIA-Direktor den höchsten zivile Orden an die Brust, für dessen Verdienste als Geheimdienstchef. Wenn Bush gehofft hatte, Tenet damit zum Schweigen zu bringen, so hat er sich getäuscht. Der ehemalige CIA-Boss erzählt in seinem Buch "At the Center of the Storm: My Years at the CIA", das am kommenden Montag in den USA auf den Markt kommt, auf 549 Seiten über seine sieben Jahre an der Spitze von Amerikas wichtigstem Geheimdienst, und weder Bush, noch Vizepräsident Dick Cheney kommen dabei gut weg. Tenet rechnet gnadenlos mit dem Weißen Haus und der derzeitigen US-Regierung ab und beschuldigt sie, ihn zum Sündenbock für den Irak-Krieg zu machen.

Tenets Antrieb, das Buch zu schreiben, waren angeblich weniger die vier Millionen Dollar (2,95 Mio. Euro) Vorschuss, sondern Bushs und Cheneys Behauptung, dass Tenet bei einer Besprechung im Jahre 2002 gesagt habe, dass die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak ein "slam dunk" (eine todsichere Sache) sei. Der Ex-CIA-Chef erzählt ausführlich, dass der Begriff aus dem Zusammenhang gerissen worden sei und er das so nie gesagt habe. Mit "slam dunk" habe er damals gemeint, dass es "keinerlei Problem sein dürfte, die US-Öffentlichkeit von der Gefährlichkeit Iraks und Saddam Husseins zu überzeugen".

Tenet schreibt, dass es "niemals eine ernsthafte Debatte in der Regierung gegeben hat über eine ernste von Irak ausgehende Gefahr". Über eine Irak-Invasion sprach man angeblich "schon lange vor den Anschlägen des 11. Septembers 2001".

Die Enthüllung des "slam dunk"-Zitates gegenüber der "Washington Post" im Dezember 2002 sei, so Tenet, "gezielt darauf angelegt gewesen" ihn zum Sündenbock zu machen. Der Ex-CIA-Chef verbittert: "Es ist die verabscheuungswürdigste Sache, die mir jemals zugestoßen ist."

Am schlimmsten sei, dass diese Äußerung über Jahre immer wieder zitiert worden sei und immer noch zitiert werde, um die Kriegsentscheidung zu begründen - nach dem Motto: "Schaut euch diesen Idioten an, der uns (das) gesagt hat, und wir haben uns entschieden, in den Krieg zu ziehen . . ." Dabei seien die wichtigsten Beschlüsse zur Invasion in den Irak schon lange vorher gefallen.